Während immer mehr Städte und Landkreise in Deutschland die Weichen für die Zukunft stellen und sich zum Divestment entschließen *1, sich also von Geldanlagen trennen, die fossile Energieträger fördern, hat sich die Kommune Krefeld gerade zu einem Schritt in die entgegengesetzte Richtung entschlossen: Befürwortet von der RWE-nahen Verwaltung haben sich die Städtischen Werke Krefeld (SWK) entschlossen, das RWE-Aktienpaket der Nachbarstadt Neuss zu erwerben und damit den eigenen RWE-Aktienanteil noch einmal zu vergrößern.
Dies begründet SWK-Vorstandssprecher Carsten Liedtke, der seine berufliche Karriere bei RWE begonnen hat und als langjähriges Mitglied des RWE-Beirats *2 dort jährlich vierstellige Bezüge einstreicht, nicht etwa so, wie man es bei nachhaltigem kommunalem Investment erwarten würde, nämlich mit einer zukunftsfähigen Stärkung der regionalen Strukturen.
Nein, es geht dem lokalen Provider einzig um den Zugang zum internationalen Geschäft: „Dieser Markt ist für ein regionales Stadtwerk wie die SWK nur schwer zugänglich. Lokal vor Ort kann die SWK die Energiewende zwar vorantreiben und tut dies auch bereits. Doch bundesweit oder gar international ist es für uns nicht leistbar. Mit unserer leicht erweiterten Beteiligung an einem großen Player wie RWE möchten wir den neu eingeschlagenen Weg von RWE und das Engagement für Erneuerbare Energien unterstützen und den Kurswechsel fördern“, übernimmt Liedtke in einer Pressemitteilung hundertprozentig das Greenwashing der sogenannten „Neuen RWE“. Doch diese macht sich in Deutschland gerade nicht für den Ausbau erneuerbarer Energien stark, sondern setzt weiter vornehmlich auf die Förderung und Verbrennung des Klimakillers Braunkohle mit all ihren bekannten schädlichen Folgen – von der Vernichtung unersetzlicher Kultur- und Naturlandschaften mitten im Rheinland bis hin zu einem konkret bezifferbaren Anteil am bundes- (und damit welt-)weiten CO2-Ausstoß *3.
„RWE vollzieht einen disruptiven Wandel mit Fokus auf grünem Wachstum“, behauptet die Pressemitteilung weiter vollmundig und ist damit beispielhaft dafür, wie die Lobbyarbeit des Konzerns in vielen NRW-Kommunen faule Früchte trägt: Den „disruptiven Wandel“ erleben höchstens die Tagebau-Anrainer, die als Dorfbewohner aus ihren Häusern vertrieben werden sollen, die als Landwirte Europas fruchtbarste Lößböden den Tagebauen opfern sollen. Oder alle demokratisch engagierten Menschen, die mit ansehen müssen, wie die „energiepolitische Notwendigkeit“ des Tagebaus Garzweiler, also eines Privatunternehmens, in einem Bundesgesetz festgeschrieben wird – ein undemokratischer Vorgang, der seinesgleichen sucht.
Auch wenn sich die „neue RWE“ als globaler Player zu inszenieren versucht, tritt sie im Rheinischen Revier vor allem im Zusammenhang mit jenem Phänomen in Erscheinung, das man in Köln – oder auch in Krefeld – geradezu liebevoll als „Klüngel“ bezeichnet. Damit schadet sie nicht nur der weltweiten Klimaentwicklung, sondern auch der Demokratie auf Landes- wie auf kommunaler Ebene.
Kurz vor den Kommunalwahlen in NRW dürfen wir nicht müde werden, auf dieses Phänomen aufmerksam zu machen und an alle Wähler*innen zu appellieren: Bitte macht Euch schlau, wem Ihr Eure Stimme gebt und wer hinter diesen Menschen steht. Es geht um unser aller Zukunft – hier vor Ort und auf der ganzen Welt.
(Barbara Schnell)
*1 https://kommunales-divestment.de/re-investment/vorreiterstaedte
*2 https://www.group.rwe/-/media/RWE/documents/01-der-konzern/beirat-rwe-ag-mitgliederliste.xlsx