Blog

Neue Studie belegt: Kohle unter Lützerath wird trotz Gaskrise nicht benötigt / Kohlegegner forden von Grüner Wirtschaftsministerin Neubaur den Erhalt des Dorfes

(Pressemitteilung „Alle Dörfer bleiben“) Berlin/Lützerath. Die „CoalExit Reasearch Group“, bestehend aus Professor Pao-Yu Oei und weiteren Wissenschaftlern der Europa-Universität Flensburg, der Technischen Universität Berlin und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW), hat in einer neuen Studie untersucht, welche Auswirkung die angekündigte Reaktivierung von Kohlekraftwerken auf den Förderbedarf am Tagebau Garzweiler II hat. Als Grundlage wird dabei der im Osterpaket der Bundesregierung beschlossene Ausbaupfad für erneuerbare Energien, der im NRW Koalitionsvertrag angekündigte Kohleausstieg 2030, sowie eine unwahrscheinlich hohe Auslastung der Kohlekraftwerke in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts angenommen. Die Studie kommt zu dem  Ergebnis, dass im aktuell geltenden Abbaubereich bereits deutlich höhere Kohlemengen genehmigt sind, als bis zum Ende der Kohleverstromung 2030 zur Sicherung der Energieversorgung benötigt werden. Folglich besteht trotz Gaskrise „weder eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit für die Inanspruchnahme weiterer Dörfer und Höfe am Tagebau Garzweiler II noch eine energiewirtschaftliche Rechtfertigung zur Genehmigung neuer  über den Bereich des aktuellen Hauptbetriebsplan hinausgehender Abbauflächen.“
Die Organisationen Greenpeace, BUND, Klima-Allianz Deutschland und Alle Dörfer bleiben fordern die zuständige Grüne Wirtschaftsministerin Mona Neubaur dazu auf, mit der RWE Power AG den Erhalt des akut bedrohten Dorfes Lützerath zu vereinbaren und den bereits vom Konzern gestellten Antrag auf neue Abbauflächen abzulehnen. Bis zur Fertigstellung einer neuen Leitentscheidung auf Basis einer unabhängigen Massenbedarfsanalyse solle zudem ein Moratorium gelten, damit RWE keine vorzeitigen Fakten schaffe.
„Wenn RWE behauptet, dass die Kohle unter Lützerath dringend benötigt wird, ist das nichts weiter als eine dreiste Lüge! Der Konzern schreckt anscheinend nicht einmal mehr davor zurück die Energiekrise zu instrumentalisieren, um seine Übergewinne weiter zu vermehren“, so Alexandra Brüne von Alle Dörfer bleiben. „Wir erwarten, dass die neue Landesregierung endlich auf Basis der wissenschaftlichen Fakten handelt!“
Laut Studie besteht bis zum Ende der Kohleverstromung in NRW ein maximaler Kohlebedarf von 271 Millionen Tonnen Braunkohle aus dem Tagebaukomplex Hambach/Garzweiler II. Dem gegenüber sind noch 300 Millionen Tonnen in den aktuell genehmigten Bereichen beider Tagebaue förderbar, ohne dass Lützerath zerstört werden muss. Die Autor*innen der Studie weisen jedoch ausdrücklich darauf hin, dass zur Einhaltung der 1,5°-Grenze seit Anfang diesen Jahres lediglich noch ein Restbudget von ca. 40 Millionen Tonnen Braunkohle bestünde.
Karsten Smid, Klimaexperte von Greenpeace, sagt: „Die 1,5 Grad-Grenze verläuft vor Lützerath. Eine glaubwürdige Klimapolitik darf nicht zulassen, dass RWE diese Grenze überschreitet. Das sinnlose Opfern von Dörfern für die Braunkohle muss endlich ein Ende haben. Das Ausbeuten der Braunkohle unter Lützerath ist auch bei der derzeitigen Gasmangellage energiepolitisch nicht notwendig und klimapolitisch verantwortungslos.“
Klaus Breyer, Leiter des Instituts für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen (IKG) und Sprecher der Klima-Allianz Deutschland e.V. meint: „Die Studie zeigt, dass bewohnte Orte wie Lützerath und umliegende Höfe kein Hindernis, sondern Hoffnungssymbol für eine andere Klima- und Energiepolitik sind. Die Gasengpässe kann Kohle nur bedingt substituieren. Der dafür benötigte Anteil im Tagebau Garzweiler ist bereits erschlossen. Jeder weitere Hauptbetriebsplan, jede neue Leitentscheidung sollte daher keinen weiteren Meter Lebensgrundlage und Heimat zerstören. Für Lützerath und für den sozialen Frieden in der Region braucht es jetzt ein Moratorium, das eine nachhaltige Lösung möglich macht.“
Dirk Jansen, NRW-Geschäftsleiter des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erwartet von Wirtschaftsministerin Mona Neubaur klare Entscheidungen zugunsten des Klimaschutzes. „Alle weiteren Tagebaugenehmigungen müssen auf das neue Kohleausstiegsdatum 2030 und ein klimaneutrales NRW ausgerichtet werden. Damit aber ist klar, dass der RWE-Antrag auf Zulassung eines neuen Hauptbetriebsplans so nicht zugelassen werden darf. Die bergrechtliche Genehmigung muss auf die bisherige Abbaufläche unter Aussparung von Lützerath beschränkt werden. Alles andere widerspräche auch den Festlegungen im Koalitionsvertrag.“
Der Tagebaubetreiber RWE hat zum 01.01.2023 einen Antrag auf einen neuen Hauptbetriebsplan gestellt, laut welchem der Tagebau Garzweiler II weit über die aktuell geltenden Abbauflächen des Hauptbetriebsplan hinaus erweitert werden soll. Die Zuständigkeit zur Genehmigung bzw. Ablehnung liegt federführend im Grün geführten Wirtschaftsministerium NRW. Erst vor zwei Wochen hat RWE unter massiven Protesten von Klimaaktivist*innen das Dorf Lützerath mit einem Wall eingeschlossen.

Die vollständige Studie steht unter folgendem Link zum Download bereit:
https://coaltransitions.org/publications/gasknappheit-auswirkungen-auf-die-auslastung-der-braunkohlekraftwerke-und-den-erhalt-von-lutzerath/

Eine kartographische Darstellung der von RWE mit einem neuem Hauptbetriebsplan beantragten Abbaufläche findet sich unter:
https://www.bund-nrw.de/meldungen/detail/news/braunkohle-das-letzte-kapitel/

Die Erde brennt – Kohleausstieg bleibt Handarbeit – Lützerath muss bleiben. Michael Zobel schreibt:

Liebe Wald- und Naturschützer*innen, liebe Pressevertreter*innen, liebe Mitmenschen,
noch einmal zur Erinnerung: der Bundestag beschloss vor drei Wochen:
„Der Deutsche Bundestag befürwortet zudem den Erhalt des Dorfes Lützerath am Tagebau Garzweiler und den Verzicht auf die Nutzung der Braunkohle unter dem Dorf.
Und was passiert vor Ort in NRWE? Wälle werden gebaut, Menschen werden ins Gefängnis gesperrt, Hunde und Schläger werden auf Klimaschützer gehetzt. Und die Landesregierung schaut weg, großes Schweigen in Düsseldorf …
Gleichzeitig brennen Wälder, Flüsse trocknen aus, Menschen sterben den Hitzetod. Was braucht es noch, damit endlich konsequent gehandelt wird?
Also wieder einmal, der Kohleausstieg bleibt Handarbeit, auf nach Lützerath, lasst die mutigen Menschen dort nicht alleine.
In den kommenden Tagen und Wochen gibt es viele Möglichkeiten, Flagge zu zeigen, Politik und Konzerne zum Handeln zu zwingen:
– Samstag, 13. August, in Kassel bei der DOCUMENTA 15 starten unsere Freunde Helge und Saxana die 6. Etappe ihres Zukunftsspaziergangs, das grandiose Gemälde Das Gro?e Gelingen, entstanden in Eckarts Scheune in Lützerath, kehrt zu seinem Entstehungsort zurück, 258 Kilometer zu Fuß, Begleitung und Unterstützung dringend erwünscht, mehr auf
– Samstag, 20. August, Dorfspaziergang anders, Rote Linie in Lützerath…
Diesmal anders, Samstagnachmittag, zum Abschluss der Europäischen Sommeruniversität, mehr auf
– ein weiterer Dorfspaziergang aus Anlass des Jubiläums „100 Monate Wald- und Dorfspaziergänge mit Eva und Michael“ folgt Ende September/Anfang Oktober, Infos zeitnah …

– Samstag, 20. September, im Anschluss an die Rote Linie,

Gottesdienst an der Kante, Sa, 20.8.22, ca. 18 h, Eibenkapelle Lützerath

das ist nur der Anfang, es folgen:

24.08.-29.08. Klimacamp X Lützerath 2022
http://www.klimacamp-im-rheinland.de

27.08. Großdemonstration in Köln „Enteignen statt Krise – eine klimagerechte Zukunft aufbauen“
https://rwe-enteignen.de/demo/

31.08.-01.09. Nachtwache in Lützerath von Kirchen im Dorf lassen
https://www.kirchen-im-dorf-lassen.de/

01.09. Frühstück in Lützerath mit Alle Dörfer bleiben
https://www.alle-doerfer-bleiben.de

03.09. Großdemonstration in Lützerath
„Für keine Kohle dieser Welt“
https://luetzerathlebt.info/demo

23.09. Globaler Klimastreik von Fridays for Future
https://www.klima-streik.org/

23.-27.09. Unräumbar-Festival
https://luetzerathlebt.info/event/unraeumbar-festival-2/

Detaillierte Infos zu den Veranstaltungen findest du auf den Homepages und Twitteraccounts der Gruppen.
Wir sehen uns an der Kante!

Wir halten Sie/Euch auf dem Laufenden,
bis bald, im Wald, in den Dörfern, auf den Straßen oder vor den Baggern,
Eva Töller, Michael Zobel, Gerd Schinkel, Todde Kemmerich, Lützi bleibt, Alle Dörfer bleiben, Mahnwache Lützerath, Kirchen im Dorf lassen und viele weitere Unterstützer*innen

Michael Zobel

Naturführer und Waldpädagoge

www.naturfuehrung.com

info[at]zobel-natur.de