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Pressemitteilung & Lösungsvorschläge „Buirer für Buir“: Kohleausstiegsgesetz der Bundesregierung ist Rückschritt

Der auf der Einigung von Bund und Ländern von Mitte Januar basierende Gesetzentwurf der Bundesregierung gefährdet Zukunftsperspektiven in der Region. Die RWE-Planungen zum Tagebau Hambach bedeuten weitere Zerstörung und gefährden den sozialen Frieden. Der im Januar 2019 von der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, kurz „Kohlekommission“ genannt, geschlossene Kompromiss wurde von diversen gesellschaftlichen
Gruppierungen mitgetragen. Diesen Minimalkompromiss hat die Bundesregierung nun aufgekündigt. Im Vergleich zu den ausgesprochenen Empfehlungen der Kommission werden mit dem bekannt gewordenen Braunkohle-Abschaltpfad 180 Mio Tonnen Co 2 mehr emittiert. Das ist mehr als die Menge, die RWE Kraftwerke im Rheinland innerhalb von 2 Jahren ausstoßen. Außerdem werden nach wie vor Zukunftsperspektiven von Menschen und Kommunen zerstört. Den Menschen in den bedrohten Dörfern droht die Enteignung, obwohl die Kohle, die unter den Dörfern liegt, nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht mehr benötigt wird. Die von RWE vorgelegten Planungsszenarien für den Hambacher Wald zeigen, dass die dauerhafte Rettung des Waldes längst nicht sicher ist. Die dadurch bedingte Gefährdung des sozialen Friedens wird augenscheinlich bewusst in Kauf genommen.

Dazu Andreas Büttgen, Vorsitzender der Initiative Buirer für Buir: „Die widersprüchlichen Aussagen von RWE-Vertretern bezüglich der Insel- bzw. Halbinsel-Lösung eskalieren den Konflikt. Wenn weiterhin einzig und allein zur Gewinnung von Abraum für die Rekultivierung wertvollste landwirtschaftliche Flächen geopfert werden, zerstört das auch nachhaltige Entwicklungsperspektiven Kerpens. Woher will RWE am Ende das Verfüllungsmaterial für die Flächen nehmen,
die sie jetzt bei Manheim und vor Buir noch zerstören und abbaggern wollen?“

Neben dieser Zerstörung und dem drohenden Absterben des Waldes würde die Umsetzung dieser Planungen für Kerpen bedeuten, dass so gut wie kein Raum für Strukturwandelmaßnahmen, z. B. für eine Wald- und Biotopvernetzung zur Verfügung stehen würde. Für die Menschen in Buir kämen über Jahrzehnte weitere Belastungen durch Lärm, Dreck, Feinstaub und Licht hinzu.

Wir fordern daher:

– Keine weitere Zerstörung wertvollster Ackerflächen für tagebaubedingte Maßnahmen.

– Rückgabe des Hambacher Waldes in öffentliche Hand und Schaffung einer Waldvernetzung
zwischen Geilrath und Merzenich.

– Aufschütten eines von unabhängigen Gutachtern als erforderlich angesehenen Mindestabstandes
zum Tagebau inklusive dem Bepflanzen geeigneter Pufferzonen und der Sicherstellung
ausreichender Bewässerung durch den Tagebaubetreiber

– Erarbeitung von nachhaltigen Strukturwandellösungen für den Raum zwischen Tagebau/
Hambacher Wald und den Verkehrswegen Bahn und A4 unter Einbindung der Ortslage
Buir und dem direkten Umfeld durch einen echten Beteiligungsprozess der Zivilgesellschaft.
(Gemeinnütziges Konto: 0147270803 bei der Kreissparkasse Köln, Bankleitzahl 37050299)

– Sofortige Erarbeitung und Offenlegung eines Abschlussbetriebsplans für den Tagebau
Hambach unter Einbindung der Zivilgesellschaft.

– Aufsetzen eines breiten Mediationsprozesses zur Wiederherstellung des über die Jahre
empfindlich gestörten Friedens in der Region mit dem Ziel eines Nebeneinanders und
Miteinanders unterschiedlichster Gruppierungen.

Mehr Infos:

buirerfuerbuir.de

facebook.com/BuirerFuerBuir

twitter.com/BuirerFuerBuir

Gemeinsame Pressemitteilung zum „Kohleausstiegsgesetz“ von Alle Dörfer Bleiben, Campact, Ende Gelände, Fridays for Future, Greenpeace, Grüne Liga sowie Aktivist*innen aus dem Hambacher Wald

Berlin. Gegen das Kohleausstiegsgesetz, das heute im Bundeskabinett beschlossen werden soll, formiert sich breiter Widerstand. Die Anti-Kohle-Bewegung sieht in dem Vorhaben einen Rückschlag für den Klimaschutz. Die Organisationen und Initiativen ‚Alle Dörfer bleiben‘, BUND, Campact, Ende Gelände, Fridays for Future, Greenpeace, Grüne Liga und Aktivistinnen und Aktivisten aus dem Hambacher Wald kündigen Widerstand an.

David Dresen von Alle Dörfer bleiben (ADB):

„Anstatt sich für die betroffenen Bewohner am Tagebau Garzweiler II einzusetzen, hat sich Ministerpräsident Armin Laschet von RWE vor den Karren spannen lassen. Herausgekommen ist dabei ein Kohleausstiegsgesetz, das sowohl für uns Menschen aus den bedrohten Dörfern, als auch für die Pariser Klimaziele absolut katastrophal ist. Weil die Bundes- und Landesregierung uns ignoriert haben, bleibt uns daher leider nichts anderes übrig, als in unserem Widerstand einen Schritt weiterzugehen. Gemeinsam mit der vielfältigen Klimabewegung werden wir den Tagebau Garzweiler stoppen. Wir bleiben hier!“

Lara Eckstein von Campact:

„Die Bundesregierung kann das Kohle-Thema so nicht einfach abräumen. Sie unterschätzt die neue Klimabewegung total. Der Hambi-Protest war erst der Anfang. Wir schmieden neue Bündnisse, mobilisieren neue Massen, um den Kohleausstieg ohne Wenn und Aber durchzusetzen.“

Kathrin Henneberger von Ende Gelände:

„Im Mai rufen wir zu vielfältigen Protesten gegen das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 auf. Im Angesicht der Klimakrise werden wir nicht dulden, dass ein neues Steinkohlekraftwerk ans Netz geht. Der Konzern Uniper importiert zudem die in Datteln 4 verfeuerte Steinkohle aus Abbauregionen in Nordkolumbien und Sibirien. Wir nennen sie Blutkohle, da die dortige indigene Bevölkerung massiven Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt ist. Gemeinsam mit der ganzen Klimabewegung werden wir Datteln 4 verhindern und das Ende der fossilen Energien einläuten. Im August 2020 wird Ende Gelände mit tausenden Aktivist*innen das Rheinische Braunkohlerevier lahmlegen. Solidarisch stehen wir an der Seite der Menschen in den bedrohten Dörfern.“

Quang Paasch von Fridays For Future:

„Die von uns wöchentlich gelebte Demokratie wird von der Bundesregierung weiterhin nicht ernst genommen. Das geplante Kohleausstiegsgesetz missachtet die hunderttausenden Stimmen der Jugendlichen und jungen Menschen. Wir sehen soziale Gerechtigkeit und Ökologie als untrennbare Themen an. Solange es #KeinKonsens gibt und das Paris-Ziel nicht eingehalten wird, werden wir weiterhin streiken.“

Lisa Göldner von Greenpeace:

„Das Kohleausstiegsgesetz der Bundesregierung ist kein gesellschaftlicher Konsens. Die Große Koalition kündigt den mühsam verhandelten Kohlekompromiss auf. Wir stecken mitten in der Klimakrise und es ist nicht zu rechtfertigen, dass deutsche Kohlekraftwerke noch weitere 18 Jahre die Erde anheizen sollen. Unser Protest gegen die klimaschädliche Kohle geht weiter.“

René Schuster, Grüne Liga:

„Wie vor wenigen Tagen bekannt wurde, soll die LEAG in der Lausitz genauso viel Kohle verbrennen, wie sie ohnehin vorhatte und dafür noch Milliarden-Entschädigungen erhalten. Die Kraftwerkslaufzeiten im sogenannten Revierkonzept wurden offenbar von Anfang an nur behauptet, um sie sich von der Bundesregierung abkaufen zu lassen. Damit wurden die Menschen in der Lausitz getäuscht und die Steuerzahler sollen offenbar betrogen werden.“

Momo, Aktivist aus dem Hambacher Wald:

„Der Widerstand im Hambacher Forst wird für eine Symbolpolitik von der deutschen Bundesregierung missbraucht. Eine Graswurzelbewegung braucht keine Almosen der Regierung, denn wir machen den Strukturwandel selber. Für uns ist ganz klar, dass wir uns nicht gegeneinander ausspielen lassen! ‚Alle Dörfer Bleiben‘ und der Kampf um den Hambacher Forst gehören zusammen.“

Tagebaubetroffene kritisieren NRW-Ministerpräsident Laschet: „Er unterstützt die Falschdarstellungen von RWE“

Irreführende Zahlen zum Stand der Zwangsumsiedlungen am Tagebau Garzweiler

Wir wollen bleiben und werden dafür kämpfen!“

Erkelenz, 23. Januar. Anlässlich der Rede des Ministerpräsidenten Armin Laschet vor dem Nordrhein-Westfälischen Landtag zum neuen Kohleausstiegsplan kritisiert das Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ den Ausstiegsplan und die Politik des Ministerpräsidenten scharf. Noch sechs weitere Dörfer im Raum Garzweiler sollen laut dem vergangene Woche in Berlin vereinbarten Plan für den Braunkohleabbau zerstört werden, die Zukunft der Dörfer Manheim und Morschenich am Tagebau Hambach bleibt ungewiss. Armin Laschet wiegelt die Verantwortung für die Zerstörung der Dörfer auf die Bundesregierung ab und brachte irreführende Zahlen zum Stand der Umsiedlungen in Umlauf.

„Wir in den Dörfern sind entsetzt, wie Herr Laschet sich seiner Verantwortung für den geplanten Abriss der Dörfer entzieht. Er weiß sehr wohl, wie sehr die Menschen hier unter der Zerstörung ihrer Heimat leiden, er hat uns besucht und seine Unterstützung zugesichert. Danach haben wir ihn nie wieder gesehen“, so Britta Kox aus dem bedrohten Dorf Berverath. „Letzte Woche hat er auch noch überhöhte Zahlen zum Stand der Umsiedlungen in den Raum geworfen und unterstützt so die Falschdarstellungen von RWE, dass hier angeblich kaum noch jemand lebe. RWE und Laschet wollen, dass unsere Heimat verschwindet. Aber unsere Dörfer sind lebendig und sollen es auch bleiben!“

In einem Interview mit dem WDR hatte Armin Laschet behauptet, es seien „zum Teil schon 70% der Menschen umgesiedelt“. Tatsächlich leben durchschnittlich 60% der ursprünglichen Einwohner*innen in den Dörfern, trotz unsicherer Zukunftsaussichten haben 40% der Hauseigentümer*innen in den Dörfern Keyenberg, Kuckum, Berverath und Ober- und Unterwestrich dem Verkauf an den Braunkohlekonzern RWE noch nicht zugestimmt. 18% aller Bewohner*innen verweigern die Verhandlungen mit RWE.

Trotz Einigung über einen Verkauf wohnen viele Menschen weiterhin in ihren Dörfern. Auch viele, die bereits weggezogen sind, wären erleichtert, wenn ihre alte Heimat erhalten bliebe und machen Pläne, wie sie ihre Häuser zurückkaufen könnten, so Martina Himmelreich, die ehemals in Unterwestrich wohnte: „Meine Mutter hat mit über 80 Jahren ihr Zuhause verlassen müssen. Das ist ihr sehr schwer gefallen, einen alten Baum verpflanzt man nicht. Wenn unser Haus stehen bleiben könnte, wäre uns das ein Trost.“

David Dresen aus dem bedrohten Dorf Kuckum: „Laschet und RWE versuchen, die Zwangsumsiedlungen als ‚sozialverträglich‘ darzustellen. Fakt ist aber: die Menschen in den bedrohten Dörfern werden krank, sterben früher und die Dorfgemeinschaften werden durch die Umsiedlung auseinandergerissen, denn nur 30% ziehen an den neuen Ort. Das können wir nicht hinnehmen – erst recht nicht in Zeiten der Klimakrise, in der wir sofort aus der Braunkohle aussteigen müssten. Wir wollen bleiben und wir werden dafür kämpfen, dass unsere Dörfer und damit auch das Klima gerettet werden!“

„Alle Dörfer bleiben“ ist ein deutschlandweites Bündnis durch Braunkohletagebau bedrohter Dörfer. Nachdem die Einigung zum Ausstiegsplan am 16.1. bekannt wurde, erhielten die Dörfer Unterstützungszusagen von Umweltverbänden und der Klimabewegung, wie Fridays for Future und Ende Gelände. Das Bündnis kündigt Widerstand mit zahlreichen Aktionen in den kommenden Monaten an und lädt zum 8. März zum Dorfspaziergang in Keyenberg bei Erkelenz ein. Keyenberg soll 2023 für den Braunkohleabbau zerstört werden.