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Umsiedlung: Dorfbewohner beklagen fehlende Mitbestimmung und fordern Stopp der „Translozierungen“ / Keyenberger Friedhofstor herausgerissen

Pressemitteilung „Alle Dörfer bleiben“, Erkelenz. Im vom Tagebau Garzweiler II bedrohten Dorf Keyenberg wurde Anfang Februar das Friedhofstor abgebaut, um es am Umsiedlungsort wieder aufzubauen. Dabei wurden die Mauern des Friedhofs über mehrere Meter grob abgerissen. Diese sogenannte „Translozierung“ des Friedhofstores kam für zahlreiche Dorfbewohner*innen überraschend und ist für sie beispielhaft für den gesamten Prozess der Umsiedlung: Sie beklagen fehlende Transparenz und Mitbestimmung. Das Bündnis Alle Dörfer bleiben fordert daher eine demokratische Mitbestimmung für die verbleibenden Dorfbewohner*innen sowie einen Stopp der Translozierungen, solange noch Menschen in den Dörfern wohnen.

„Es ist traurig zu sehen, wie das Tor herausgerissen wurde. Warum musste das jetzt schon geschehen, wenn wir mindestens bis 2023 noch hier leben und Menschen in Westrich und Berverath sogar noch bis 2028? Solche Entscheidungen treffen einige selbsternannte Gremien, die nicht von der gesamten Dorfbevölkerung gewählt sind. Sie bestehen alle aus ein paar Menschen, die bereits umgesiedelt sind oder dies zeitnah tun wollen. Die vertreten nicht mehr die Interessen aller Dorfbewohner“, so Helmut Kehrmann aus Keyenberg.

Das Land NRW sieht für eine „sozialverträgliche Umsiedlung“ eine Mitwirkung der Betroffenen vor. Diese Bürgerbeteiligung gab es seit 2011 in Form eines Bürgerbeirats, welcher durch die Umzusiedelnden gewählt wurde. 2017 war jedoch der Bürgerbeirat für die bedrohten Dörfer bei Erkelenz mangels Bewerber*innen nicht zustande gekommen. Danach wurde nie wieder ein adäquater Ersatz geschaffen: weder die „Dorfgemeinschaft Keyenberg Westrich Berverath“ noch der „Ortsausschuss Keyenberg“ oder der „Arbeitskreis Ortsbild“ sind durch die Dorfbevölkerung demokratisch legitimiert.

„Seit Monaten suchen wir den Dialog mit diesen Gremien und der Stadt Erkelenz. Doch sie blocken ab!“, erklärt David Dresen aus Kuckum und aktiv im Bündnis Alle Dörfer bleiben. „Zur Zeit entscheiden nur Leute, die bereits umgesiedelt sind, darüber, was in den Dörfern passiert; nicht die Menschen, die noch hier wohnen. Das kann doch in einer Demokratie nicht sein!“

Das Bündnis Alle Dörfer bleiben fordert daher eine demokratische Mitbestimmung für die verbleibenden Dorfbewohner*innen sowie einen Stopp der Translozierungen, solange noch Menschen in den Dörfern wohnen. Sollten die Dörfer tatsächlich abgerissen werden, könnten die Artefakte auch zum Schluss noch in den neuen Ort gebracht werden. Auch andere Baudenkmäler mit hoher kultureller Bedeutung, z.B. Wegkreuze, werden zur Zeit schon abgebaut.

In Datteln festgenommene Theolog*innen: NRW-Landesregierung hält Handeln der Polizei für überzogen

Pressemitteilung Institut für Theologie und Politik, Münster.

Die NRW-Landesregierung hat sich nun auf die Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Verena Schäffer, Josefine Paul und Wibke Brems (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 11.02.20 zur Gewahrsamnahme unserer KollegInnen Dr. theol. Julia Lis und Benedikt Kern sowie ihres Begleiters Niels Laakmann, in der Nähe des Kraftwerks Datteln IV geäußert (Drucksache 17/8834).

Am 01.02.2020 waren die drei von der Polizei Recklinhausen in präventiven Gewahrsam genommen worden, weil sie sich als BeobachterInnen im Umfeld des Kraftwerks Datteln IV im Vorhinein zu den Protestaktionen von Ende Gelände aufgehalten hatten. Die Landesregierung erklärte nun, das Polizeipräsidium Recklinghausen bewerte „die vollständige Entkleidung als kritisch und für eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene tragfähige Ermessensentscheidung nicht ausreichend substantiiert. Gleiches gilt für das nahezu unbekleidete Verbringen der Nacht in den Gewahrsamszellen.“ Die Abläufe im Bereich des Polizeigewahrsams würden nun überprüft, und das Ministerium des Innern schließe sich dieser kritischen Bewertung an.

Auf die Frage, welche die tatsächlichen Anhaltspunkte für die Gewahrsamnahme waren, antwortete die Landesregierung nicht, mit Verweis auf die von den betroffenen TheologInnen erhobenen und noch laufenden Klagen. Hinsichtlich des verhängten Betretungsverbotes für die Betroffenen einer Zone um das Kraftwerk Datteln IV, nennt die Landesregierung ebenfalls keine näheren Gründe unter Verweis auf die am VG Gelsenkirchen laufende Klage, die bereits in einem Eilverfahren im Sinne der Betroffenen entschieden wurde, da das VG Gelsenkirchen der Auffassung war, das Handeln der Polizei sei rechtswidrig gewesen (siehe hierzu die Pressemitteilungen des VG Gelsenkirchen und des ITP vom 14.02.2020).

Dr. theol. Julia Lis erklärt: „Wir sind froh über die offensichtliche Distanzierung vom Vorgehen der Polizei und die kritische Nachbereitung der Gewahrsamnahme durch die Landesregierung. Vor allem halten wir abgesehen von unserem konkreten Fall das Entkleiden von Personen im Gewahrsam
ohne ausreichende Gründe auch generell für rechtswidrig, wie es das VG Köln ja auch bereits 2015 festgestellt hatte hatte. Daher fällt die Bewertung des polizeilichen Handelns durch die Landesregierung bei weitem zu milde aus, zumal die Gründe für die Präventivhaft immer noch nicht erklärt werden. Wir halten die Vorgehensweise der Polizei insgesamt für einen Verstoß gegen Grundrechte, was wir derzeit versuchen gerichtlich bestätigen zu lassen.

„Politisch muss nun darauf gedrängt werden, dass eine solche Form der Einschüchterung der Klimabewegung und solidarischer Beobachtung des Protestes gegen Datteln VI nicht stattfindet“, so Benedikt Kern, Theologe. „Der Schutz von Konzerninteressen durch den Rechtsstaat scheint offensichtlich ein höheres Gut sein als die Demokratie. In den Auseinandersetzungen um den Hambacher Forst wurde ähnlich vorgegangen. Unsere jahrelange Forschung und theologische Reflexion zeigt jedoch, dass Soziale Bewegungen durch ein so skandalöses Vorgehen eher gestärkt werden. Es ist davon auszugehen, dass die Proteste um Datteln IV und gegen Grundrechtseinschränkungen weiterhin relevant bleiben werden – auch inmitten der Corona-Krise, in der das öffentliche Leben massiv eingeschränkt ist.“

Die Antwort der Landesregierung auf die Kleinen Anfrage ist abrufbar unter:
https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-8834.pdf

Offener Brief an Bischof Dieser: „Kohle ist kein Kreuz“

Lutz Dittmar, ev. Pfarrer a.D. aus Erkelenz, antwortet auf die Einladung ( Kreuz mit der Kohle Einladung ) und den Fastenhirtenbrief ( Bischof Helmut Dieser – Fastenhirtenbrief 2020 ) des Bistums Aachen zu einem Kreuzweg am Tagebau Inden:

Kohle ist kein „Kreuz“, schon gar nicht das Kreuz Jesu Christi!

Das Kreuz Jesu wird zuschanden, wenn damit unsere „oft gegenläufigen Belastungssituationen“ benannt und unsere „Betroffenheit“ über die Zerrissenheit unserer Zeit in Worte gefasst werden soll. Schlimm ist es, wenn „unter dem Kreuz“ benannt werden, die „besonders in der Schusslinie stehen“. Die Wortwahl trifft Vorentscheidungen!
Der Leitgedanke des Fastenhirtenbriefs ist ein allgemeines_Bedauern: „Du kannst es niemals allen gerecht machen“; wir Menschen sind nun einmal „sehr unterschiedlich‘. Deshalb ein Kreuz-Weg?
Der Kreuzweg mit Stationen des Zuhörens und Bedenkens werde, so der Brief, zu Gott führen: „Gott führt uns in die Weite“. Welche Weite?
Wir leben in beklemmender Enge und müssen da unter Zeitdruck Entscheidungen gegen weltweite Lebensgefahr treffen. Dazu muß die Benennung von Ursachen gehören: auch durch Kohle! Auch bei uns! Das Kreuz Jesu ist Zeichen der Erlösung, nicht einer Problemlösung! Der Verkauf der Kirchen und Ländereien durch Pfarrer und Bischof im Bereich von Garzweiler II überlässt die Region dem Tagebau-Raubbau. Natürlich hat der Bischof damit politisch gehandelt und nicht pastoral, im Entgegenkommen zur Landesregierung, die die betroffenen (eindeutig katholisch geprägten) Dörfer abräumen lässt.
Als Ergebnis eines Zuhörens auf dem-Kreuzweg wird eine „Idee von Gemeinwohl“ erhofft. „Gemeinwohl“ ist bisher von den Betreibern weiterer Braunkohleverstromung als Argument missbraucht worden. Rücksichtnahme auf Gemeinwohl wird denen abverlangt, die Haus und Hof und Heimat nicht verlassen wollen. „Gemeinwohl“ wäre das „gemeinsame Haus“, das Papst Franziskus in „Laudato Si“ beschreibt. Der Brief des Bischofs und die Einladung zum“Kreuzweg bleiben weit darunter.
Könnte es sein, dass dem Bischof das Ausmaß der Zerstörung und der Gefahr nicht ausreichend vermittelt wird?

Klimawende Köln: Fahrraddemo zum Kraftwerk Merkenich wird verschoben

Liebe klimabewegte Mitstreiter*innen,

seit Wochen haben wir die Fahrraddemo geplant und uns sehr auf diesen Termin am Sonntag gefreut. Gemeinsam mit 14 Klima- und Umweltgruppen wollten wir vor das Braunkohlekraftwerk der RheinEnergie ziehen und ein starkes Zeichen für mehr Klimaschutz setzen und eine Erneuerbare-Energie-Offensive für Köln einfordern.

„Die Klima- und Umweltbewegung fordert, auf die Wissenschaft zu hören. Und wenn die Wissenschaft uns sagt, dass wir aktuell soweit möglich auf öffentliche Veranstaltungen verzichten sollten um die Verbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, dann tun wir das auch.“

Die Empfehlungen der Wissenschaftler:innen nehmen wir ernst und haben uns deshalb dazu entschieden, die Fahrraddemo zu verschieben. Jetzt ist es erst einmal wichtig, solidarisch zu handeln und dabei zu helfen, die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen.

Bitte leitet die Info in Eure Gruppen und Verteiler weiter!

„Unser Ziel, Klimaneutralität für Köln bis 2030, wird durch das Coronavirus natürlich nicht weniger wichtig oder dringend.“

Wir werden die Entwicklung von Corona beobachten und, wenn sich die Lage deutlich verbessert, einen neuen Termin vorschlagen. Das wird voraussichtlich aber erst nach den Osterferien sein.

Wir werden bis dahin nicht untätig sein.

Wir halten euch auf dem Laufenden.

Liebe Grüße,

eure Aktions-AG

von Klimawende Köln