RWE rodet Bäume vor Lützerath und schafft trotz Mahnung des OVG Tatsachen im Tagebauvorfeld

Erkelenz (Pressemitteilung „Alle Dörfer bleiben“). Kurz vor Ende der diesjährigen Rodungssaision hat der Kohlekonzern RWE heute zahlreiche Bäume zwischen Keyenberg und Lützerath am Tagebau Garzweiler II gefällt. Das Bündnis „Alle Dörfer Bleiben“ kritisiert, der Konzern schaffe erneut Fakten, obwohl das Oberverwaltungsgericht Münster noch keine Entscheidung bezüglich der Enteignung des Lützerather Landwirts Eckardt Heukamp getroffen hat. Zudem dürfe die Kohle unter dem gerodeten Bereich aus klimapolitischer Sicht auf keinen Fall mehr verbrannt werden, da sonst die 1,5°-Grenze der Klimaerhitzung nicht einhaltbar sei. Anwohnende beklagen, dass es sich bei den zerstörten Wäldchen um ökologische Oasen und wichtige Naherholungsgebiete handele.

„RWE hat sich mit den heutigen Rodungen erneut entschieden, die Klimakatastrophe weiter anzuheizen. Mit dieser Ausweitung des Tagebaus will RWE weitaus mehr Braunkohle fördern als für die Einhaltung der so wichtigen 1,5-Grad-Grenze noch verbrannt werden darf. Der Tagebau darf keinen Meter weiter an unsere Dörfer kommen!“, verdeutlicht Alexandra Brüne aus Holzweiler.

Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung darf der Tagebau Garzweiler II nicht in den gerodeten Bereich vordringen, um die nötigen CO2-Einsparungen im Energiebereich noch zu erreichen. Zudem sind die kleinen Wald- und Flurstücke rund um den Tagebau für verschiedenen Vogelarten, Wildtieren und Insekten wichtige Zufluchtsorte in der ansonsten landwirtschaftlich genutzten Landschaft.

„Mit der Vernichtung kleiner ökologischer Oasen wie dem Tannenwäldchen zerstört RWE bewusst die vertraute Umgebung von uns Menschen in den Dörfern, und damit unsere Lebensqualität. Hier gehen wir joggen oder mit dem Hund spazieren. Der Konzern setzt blindwütig die Verwüstung unseres Zuhauses fort – dabei können alle Dörfer und die umliegenden Ökosysteme und Ackerflächen erhalten bleiben“, empört sich Antje Pistel aus dem benachbarten Dorf Holzweiler.

Das Gerichtsurteil des Oberverwaltungsgerichts Münster über die vorzeitige Besitzeinweisung des Hofes und der Grundstücke von Eckart Heukamp in Lützerath steht nach wie vor aus. Mehrere hundert Menschen leben seit Monaten im Dorf und stellen sich gegen die geplante Zerstörung des Ortes durch die Landesregierung und RWE. Am Wochenende nach dem erwarteten Gerichtsurteil soll es eine Großdemonstration in Lützerath geben.

Die Kirche(n) im Dorf lassen: Pressemitteilung zu den Vorfällen während des Gottesdienstes auf der L277 anlässlich der Rodungsarbeiten

Mit Prozession und Gottesdienst auf der zerstörten L277 protestierte am frühen Dienstagmorgen die Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ gegen die Baumfällungen durch RWE. Entgegen der Darstellung der Polizei, sie hätten das Verlassen des Ortes und die Angabe ihrer Personalien verweigert, wurde die Prozession mehrfach aktiv an der Rückkehr nach Keyenberg gehindert und ohne Frage nach Personalien in Gewahrsam genommen.

Die Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ hat am Vorabend der Fällungen an der L277 dort zu einem Gottesdienst eingeladen, zu dem trotz schweren Regens Dutzende Menschen kamen.

„Wir haben den klaren Auftrag, die Schöpfung zu bewahren. Daran hat uns nicht zuletzt Papst Franziskus in der Enzyklika laudato si erinnert,“ so die reformierte Theologin Cornelia Senne.

Am frühen Dienstag morgen ging eine Gruppe von ca. 30 Menschen, eine davon im Rollstuhl, als Prozession mit gelbem Kreuz in Richtung der erwarteten Fällarbeiten. Sie gelangte ohne Schwierigkeiten über Feldwege auf die nicht eingezäunte L277. Begleitet wurde sie aus der Luft von einem Helikopter, vor Ort von je einem Fahrzeug von Polizei und RWE-Security, ohne dass diese eingriffen. Auf der Straße hielt die Prozession Gottesdienst mit Liedern und Lesungen. Ein Mensch aus der Gruppe kletterte auf einen Baum und hängte ein Transparent auf.

Im ersten Tageslicht kamen massive Polizeikräfte, die den Gottesdienst umstellten. Entgegen der Darstellung der Polizei wurden mehrfachen Versuche, den Ort als Prozession wieder zu verlassen, unterbunden. Die Fällarbeiten entlang der Straße hatten inzwischen eingesetzt und näherten sich dem Gottesdienst.

„Wir sangen Hoffnung wider alle Hoffnung. Dabei fielen die Bäume im Minutentakt, wir mussten alles mit ansehen“, berichtet eine Teilnehmerin.

Schließlich nahm die Polizei die Gruppe unter dem Vorwurf des Hausfriedensbruchs in Gewahrsam. Zu diesem Zeitpunkt wurde – entgegen der Darstellung der Polizei – nicht nach Personalien gefragt. An einer improvisierten Sammelstelle wurden dann Personalien erfaßt, die von von den meisten umstandslos abgegeben wurden. Einige allerdings verweigerten ihre ID. Es wurden Platzverweise erteilt sowie Leibesvisitationen vorgenommen – auch an sich ausweisenden Menschen:

„Ich wurde behandelt wie eine Verbrecherin, durchsucht und angefasst. Es war schrecklich“, berichtet eine ältere Teilnehmerin.

Denjenigen, die ihre Identität verweigerten, wurde der Transport in die Gefangenensammelstelle Aachen angekündigt. Allerdings mussten gegen Mittag alle auf richterliche Anordnung freigelassen werden.

Die Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ protestiert gegen solche Behandlung von Menschen, die sich aus christlicher Überzeugung gegen die sinnlose Zerstörung der/von Schöpfung stellen. An der alten L277 wurden am Dienstag innerhalb weniger Stunden Hunderte von Bäumen gefällt. Damit hat RWE nach der „Roten Linie“, der L277 auch die „Grüne Linie“, die sich über 3 km hinziehende Doppelreihe der Alleebäume zerstört, die die Menschen der Region noch vor dem Tagebau geschützt hat.

Wie rücksichtslos RWE mit den Menschen vor Ort umgeht, zeigt der – sicher nicht zufällig an diesem Tag vorgenommene – Abriss des „Kreuzes von Immerath“, das am Samstag am Ort des zerstörten Immerather Domes aufgerichtet worden war. Über hundert Menschen haben dort Messe gefeiert und am Vorabend von Allerheiligen der (umgebetteten) Toten gedacht. Die Predigt sprach von der Zerstörung des Tempels und der Hoffnung auf seinen Wiederaufbau:

„Die Zerstörung und Vertreibung hier in Immerath ist Teil der weltweiten Zerstörung, die uns immer weiter in die Klimakatastrophe treibt. Wir sind als Christinnen aufgerufen, uns dem mit allen Kräften entgegenzustellen.“

Kontakt: www.kirchen-im-dorf-lassen.de

L277: Alle Bäume bleiben / Aktionen & Info-Verteiler

Anwohnende der Dörfer am Tagebau Garzweiler II befürchten, dass der Kohlekonzern RWE ab dem 1.10. beginnen wird, die Bäume entlang der abgerissenen Landstraße L277 zu fällen. Darum hat das Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ Proteste angekündigt, falls RWE mit diesen Rodungsarbeiten oder auch Abrissarbeiten im bedrohten Dorf Lützerath beginnen sollte.

Ab Mittwoch (30.9.) um 18 Uhr ist bei Keyenberg eine 24stündige Mahnwache angekündigt, die unter dem Motto “Alle Bäume bleiben” steht.

Die Initiative „Kirche(n) im Dorf lassen“ bereitet sich auf den Tag X einer möglichen Rodung vor und mobilisiert zu einem Aktionsgottesdienst in unmittelbarer Nähe des Geschehens.

Schreibt an diese Adresse, wenn ihr euch in den Infoverteiler für den Tag X eintragen lassen wollt:

die-kirchen-im-dorf-lassen@t-online.de

oder haltet euch hier auf dem Laufenden

https://twitter.com/Kirche_an_Kante/status/1310575460175282179?s=19

 

Alle Bäume bleiben! Alle Dörfer bleiben – weltweit!