Herzliche Ostergrüße von den Menschen am Rand des Tagebaus

Wir leben auf Ostern zu, und dürfen uns nicht besuchen. Die Messfeiern fallen aus. Das hinzunehmen ist schwer. Für die Bewohner der Dörfer am Tagebaurand ist das noch schmerzlicher, weil die Tage ihrer Kirchen in Keyenberg, Kuckum und Berverath gezählt sein könnten.

Wir alle sind im Ungewissen und hoffen doch zugleich gegen das drohende Verhängnis an. Inzwischen überragt der Bagger die Spitze des Keyenberger Kirchturms und lässt ihn als unbedeutend erscheinen. Die Tore der Kirche sind auch tagsüber geschlossen, als sei sie keinen Besuch mehr wert.

Wir hoffen auf Ostern! Wir hoffen darauf, dass Herz und Vernunft der Verantwortlichen bewegt werde und dass sie auf die Auferstehung Jesu Christi mit einem Lobgesang antworten:

Lob und Dank dafür, dass wir leben!

Lob und Dank für dieses einzigartige Erbe der Christenheit bei uns!

Wir grüßen Sie und Euch und alle Menschen der Region: Lumen Christi!

 

Lutz Dittmar / Die Kirche(n) im Dorf lassen

 

Offener Brief an Bischof Dieser: „Kohle ist kein Kreuz“

Lutz Dittmar, ev. Pfarrer a.D. aus Erkelenz, antwortet auf die Einladung ( Kreuz mit der Kohle Einladung ) und den Fastenhirtenbrief ( Bischof Helmut Dieser – Fastenhirtenbrief 2020 ) des Bistums Aachen zu einem Kreuzweg am Tagebau Inden:

Kohle ist kein „Kreuz“, schon gar nicht das Kreuz Jesu Christi!

Das Kreuz Jesu wird zuschanden, wenn damit unsere „oft gegenläufigen Belastungssituationen“ benannt und unsere „Betroffenheit“ über die Zerrissenheit unserer Zeit in Worte gefasst werden soll. Schlimm ist es, wenn „unter dem Kreuz“ benannt werden, die „besonders in der Schusslinie stehen“. Die Wortwahl trifft Vorentscheidungen!
Der Leitgedanke des Fastenhirtenbriefs ist ein allgemeines_Bedauern: „Du kannst es niemals allen gerecht machen“; wir Menschen sind nun einmal „sehr unterschiedlich‘. Deshalb ein Kreuz-Weg?
Der Kreuzweg mit Stationen des Zuhörens und Bedenkens werde, so der Brief, zu Gott führen: „Gott führt uns in die Weite“. Welche Weite?
Wir leben in beklemmender Enge und müssen da unter Zeitdruck Entscheidungen gegen weltweite Lebensgefahr treffen. Dazu muß die Benennung von Ursachen gehören: auch durch Kohle! Auch bei uns! Das Kreuz Jesu ist Zeichen der Erlösung, nicht einer Problemlösung! Der Verkauf der Kirchen und Ländereien durch Pfarrer und Bischof im Bereich von Garzweiler II überlässt die Region dem Tagebau-Raubbau. Natürlich hat der Bischof damit politisch gehandelt und nicht pastoral, im Entgegenkommen zur Landesregierung, die die betroffenen (eindeutig katholisch geprägten) Dörfer abräumen lässt.
Als Ergebnis eines Zuhörens auf dem-Kreuzweg wird eine „Idee von Gemeinwohl“ erhofft. „Gemeinwohl“ ist bisher von den Betreibern weiterer Braunkohleverstromung als Argument missbraucht worden. Rücksichtnahme auf Gemeinwohl wird denen abverlangt, die Haus und Hof und Heimat nicht verlassen wollen. „Gemeinwohl“ wäre das „gemeinsame Haus“, das Papst Franziskus in „Laudato Si“ beschreibt. Der Brief des Bischofs und die Einladung zum“Kreuzweg bleiben weit darunter.
Könnte es sein, dass dem Bischof das Ausmaß der Zerstörung und der Gefahr nicht ausreichend vermittelt wird?

Kirche(n) im Dorf lassen: Unterschriften an den Papst versandt

Düren/Erkelenz. Anlässlich der durch den Papst einberufenen „Amazonassynode“ in Rom fand in Düren am vergangenen Wochenende die „Klimasynode von unten“ statt. In verschiedenen Veranstaltungen debattierten die Teilnehmenden die Rolle der katholischen Kirche in Zeiten des Klimawandels. Im Zuge der Abschlusserklärung der „Klimasynode von unten“ verschickte die Initiative „Kirchen im Dorf lassen“ 3.829 Unterschriften nach Rom, welche den Erhalt der Kirchen im Rheinischen Revier fordern.

„’Laudato si – Über die Sorge um das gemeinsame Haus‘. So lautet der Titel einer päpstlichen Enzyklika, die vor allem die selbstmörderische Lebensweise der Menschen kritisiert. In unseren Augen hätte die katholische Kirche auch hier im Rheinland danach handeln sollen und die Kirchen verteidigen sollen. Jedoch ist jetzt bekannt, dass die Pfarrei Christkönig Erkelenz alle Kirchengebäude und -grundstücke an RWE verkauft hat. Damit hat sie an den Gemeindemitgliedern und den Worten des Papstes vorbei agiert“, so Ingo Bajerke, Anwohner aus Keyenberg und aktiv bei „Kirchen im Dorf lassen“.

In den vom Tagebau bedrohten Dörfern stehen noch fünf katholische Kirchen. Anwohnerinnen und Anwohner der betroffenen Dörfer verfassten mit Unterstützung mehrerer kirchlicher Gruppen einen Appell an die verantwortlichen Bischöfe, die Kirchen zu erhalten.

„Wir haben mehrmals versucht die gesammelten Unterschriften an die Bischöfe in Aachen und Köln zu übergeben – leider erfolglos. Sie waren nicht bereit sie persönlich entgegenzunehmen. Daher senden wir sie nun an die Amazonassynode in Rom, in der Hoffnung dass unser Anliegen Gehör findet und zumindest noch die Entwidmung der Kirchen verhindert werden kann“, berichtet Antje Pistel, Anwohnerin aus Holzweiler und ebenfalls bei „Kirchen im Dorf lassen“ engagiert.

Der Appell von „Kirchen im Dorf lassen“ wird unterstützt von den Katholikenräten der Region Düren und Mönchengladbach, dem Institut für Theologie und Politik sowie dem Diözesanrat im Bistum Aachen. Die Unterschriftensammlung für den Appell läuft seit dem Katholikentag in Münster und stößt in der ganzen Region auf großen Zuspruch.

Offener Brief von betroffenen Christen aus West und Ost zum Verkauf der Kirchen am Tagebau Garzweiler

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrtes Redaktionsteam des Pfarrbrief der Gemeinde Christkönig Erkelenz,

im Folgenden finden Sie eine Niederschrift der Gedanken einzelner Mitglieder der Gemeinde sowie deren Freunden aus einer Kirchgemeinde in Mitteldeutschland, welche sich mit dem Verkauf einiger Gebäude und Gotteshäuser der Gemeinde an RWE Power auseinandersetzen. Wir möchten unsere Gedanken mit der Gemeinde teilen und daher darum bitten, diesen Text mit in den nächsten Pfarrbrief aufzunehmen. Sollte dies nicht möglich sein, möchten wir darum bitten, uns dies mitzuteilen, damit wir uns rechtzeitig mit den Aachener Nachrichten und anderen Zeitungen in Verbindung setzen können. Hier ( Gedanken_zum_Pfarrbrief_Erkelenz ) finden Sie ein PDF-Dokument, das insbesondere die besondere Formatierung des Zitats aus der Enzyklika Laudato Si‘ zeigt.

Laudato si‘ – Über die Sorge um das gemeinsame Haus. So lautet der Titel einer päpstlichen Enzyklika, die vor allem die selbstmörderische Lebensweise der Menschen kritisiert. Niemals zuvor habe die Menschheit die Umwelt derart schlecht behandelt wie im 19. und 20. Jahrhundert, die Erde scheine sich zu einer „unermesslichen Mülldeponie“ zu entwickeln. Insbesondere die globale Erwärmung sei „eine der wichtigsten aktuellen Herausforderungen an die Menschheit“, weswegen es von großer Bedeutung sei, den Treibhausgasausstoß „drastisch“ zu reduzieren und aus der Verbrennung fossiler Energieträger auszusteigen.

Trotz dieser drastischen Worte hat sich die Pfarrei Christkönig Erkelenz dazu entschlossen, dem gerade diametral entgegengesetzt zu handeln. Das gemeinsame Haus einer Gemeinde ist seine Kirche. Diese jedoch wurden nun an RWE verkauft, um sie mittelfristig abzureisen und so den weg frei zu machen, für die größte Umweltzerstörung, die wir in unserer Region kennen: Den Braunkohletagebau. Hier hat man sich also gleichzeitig an den Menschen und an der göttlichen Schöpfung versündigt.
• An den Menschen insofern, dass die Pfarrei ihnen die Unterstützung versagt und so dabei hilft, dass ihnen ihre Heimat genommen wird.
• An der Schöpfung insofern, dass hier der Weg freigemacht wird, um lokal gewachsene Ökosysteme zu zerstören, aber noch viel dramatischer: um eine globale Klimaveränderung zu befeuern, die zuerst den Schwachen, unseren Brüdern und Schwestern im globalen Süden, ein gutes Leben unmöglich macht.
• An der christlichen Lehre insofern, dass sie sich dem gierigen Profitstreben von RWE anschließt.

Solche Taten wie die Häuser Gottes, die Kirchen zu verkaufen, zu verschachern sind hier vor allem deshalb so verwerflich, weil die direkte Gefahr für die Schöpfung ersichtlich ist und auch jedem bewusst sein wird. Wer sich bereitwillig den Interessen der Konzerne beugt, welche die göttliche Schöpfung zerstören, um sich ihre privaten Kassen zu füllen, mach sich auch mitschuldig an dem Leid, dass der Klimawandel über alle Menschen bringt und noch bringen wird.

Dass Menschen die biologische Vielfalt in der göttlichen Schöpfung zerstören; dass Menschen die Unversehrtheit der Erde zerstören, indem sie Klimawandel verursachen, indem sie die Erde von ihren natürlichen Wäldern entblößen oder ihre Feuchtgebiete zerstören; dass Menschen anderen Menschen Schaden zufügen und sie krank machen, indem sie die Gewässer der Erde, ihren Boden und ihre Luft mit giftigen Substanzen verschmutzen – all das sind Sünden. Denn ein Verbrechen gegen die Natur zu begehen, ist eine Sünde gegen uns selbst und eine Sünde gegen Gott.

Dass eine Gemeinde auch in ähnlicher Situation anders handeln kann, zeigt das Kirchspiel Groitzsch in Mitteldeutschland. Hier plant ein Konzern ebenfalls, ein Dorf mitsamt seiner Kirche abzureißen und wegzubaggern, um die darunter liegende Braunkohle profitorientiert zu verbrennen. Doch die Gemeinde hat sich klar dazu bekannt, dass sie ihre Kirche nicht verkaufen wird, um Umweltzerstörung zu befördern. Stattdessen fördert man hier den Dialog, unterstützt beispielsweise Klimacamps, auf denen auch Wege aufgezeigt werden, wie alle Menschen in einer gesunden Umwelt gut leben können. So ist es gelungen, in einer Region, in denen einerseits viele Menschen ihren Broterwerb in der fossilen Energieerzeugung bestreiten, andererseits aber auch viele Menschen dafür ihre Heimat aufgeben mussten, den Zusammenhalt der Gemeinde zu wahren und die Transformation zu einer nachhaltigen und gerechten Welt zu fördern.

Da bleibt nur zu hoffen, dass die Verantwortlichen in der Pfarrei Christkönig Erkelenz zu den Werten zurückkehren, die uns Jesus lehrte und an die der Papst uns in seiner Enzyklika erinnerte. Die Kirchen in Keyenberg und Kuckum und die Kapelle in Berverath dürfen nun nicht mehr entweiht werden, Wegekreuze müssen erhalten bleiben. Die Pfarrei muss ihrer Verpflichtung als Hirte nachkommen und auch den von Enteignung und Umsiedlung bedrohten zuhören und ihnen helfen.

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Mit freundlichen Grüßen

Betroffene der Gemeinde Christkönig Erkelenz sowie Freunde aus der Gemeinde Groitzsch