„Alle Dörfer bleiben“ Beethoven-Wandelkonzert in Keyenberg am 3.6.: Anmeldung jetzt möglich

Auch in diesem Jahr lädt „Alle Dörfer bleiben“ wieder zu einem Konzert der besonderen Art. Die Dörfer am Garzweiler-Tagebau sind voller Leben: Das wollen wir an diesem Tag zusammen mit euch zeigen!

Am 3. Juni um 13 Uhr wird in dem von Abbaggerung bedrohten Ort Keyenberg die 5. und 6. Symphonie von Ludwig van Beethoven aufgeführt. Über 50 Profi-Musiker*innen spielen auf dem Gelände eines denkmalgeschützten Hofes verteilt; dabei spazieren die Zuhörenden den Klangpfad entlang.

Mit diesem corona-konformen Freiluft-Wandelkonzert setzt das Orchester ein klangvolles Statement für den Erhalt der Dörfer und für Klimagerechtigkeit!

Auf unserer Webseite könnt ihr euch jetzt für das Konzert anmelden:

https://www.alle-doerfer-bleiben.de/beethoven-2021/

Die Teilnahme am Konzert ist nur mit Nachweis eines negativen Corona-Test (bzw. Impfung/Genesung) möglich. Bitte lest euch alle Infos rund um Anreise und Corona-Auflagen gründlich durch:

https://www.alle-doerfer-bleiben.de/beethoven-2021/

Ihr könnt das Konzert auch zu Hause per Livestream genießen. Der Link wird in Kürze auf unserer Webseite zu finden sein.

Solange schaut einfach (noch mal) die wunderbaren Aufnahmen aus dem letzten Jahr: https://www.youtube.com/watch?v=Fm6jeFP-PZA

Alle Dörfer bleiben – weltweit

www.alle-doerfer-bleiben.de

Garzweiler aufkaufen! Spendenkampagne zur Finanzierung des Kaufs einer Waldparzelle in Keyenberg

Zum Hintergrund
Keyenberg sowie die Dörfer Kuckum, Ober- und Unterwestrich, Berverath und Lützerath sind weiterhin vom Tagebau Garzweiler bedroht. So wie es das momentane Kohleausstiegsgesetz vorsieht, sollen alle diese Dörfer in den nächsten Jahren abgebaggert werden. Lützerath ist dabei schon ganz akut in den nächsten Monaten bedroht. Für die anderen Dörfer schiebt der aktuelle Rahmenbetriebsplan des Tagebaus eine Entschiedung erstmal auf 2026 hinaus.
Seit der Entscheidung zum Kohlegesetz und Rahmenbetriebsplan kam ein bisher unter Verschluss gehaltenes Gutachten aus dem Bundeswirtschaftsministerium zum Vorschein, dass feststellt, dass der Tagebau Garzweiler in der geplanten Größe energiepolitisch nicht notwendig ist. Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht den bisherigen Klimaschutzfahrplan der Bundesregierung als unzureichend erklärt. Daraufhin hat sogar NRW Energieminister Pinkwart den Erhalt aller Dörfer außer Lützerath als Möglichkeit in Aussicht gestellt. Und der letzte verbliebene Landwirt aus Lützerath hat gerade Klage gegen sein Grundabtretungsverfahren eingereicht. 
Für uns ist klar, es gibt begründete Anhaltspunkte davon auszugehen, dass das letzte Wort um die Dörfer und den Tagebau Garweiler noch nicht gesprochen wurde. Mit Alle Dörfer bleiben, Lützerath lebt!, Kirche im Dorf lassen, Menschenrecht vor Bergrecht, dem RWE Tribunal, Unser Aller Wald, Kultur ohne Kohle, Zucker im Tank, den Dorfspaziergängen, und anderen Akteur*innen gibt es trotz Pandemie eine vielfältige, bunte und aktive Widerstandsbewegung am Tagebau. 
Währenddessen versucht RWE möglicht schnell möglichst viele Fakten zu schaffen. Es werden Straßen zurückgebaut, neue Wälle gezogen, Häuser abgerissen und Bäume gerodet. Wenn der Tag einer politischen Entscheidung für ein Ende von Garzweiler gekommen sein soll, so scheint es, will RWE möglichst viel Land sein eigen nennen und möglichst viel Fläche bereits in Tagebauvorfeld umgewandelt haben: “naja, hier und da ist jetzt eh schon Öde, da können wir die Kohle jetzt schon auch noch fördern.”
Von dem gestoppten Tagebau Hambach können wir noch eine weitere Sache lernen. Morschenich war schon zu weiten Teilen enteignet und viele Häuser schon abgerissen. Jetzt kann es doch erhalten bleiben. Aber anstatt das RWE die abgekauften Flächen an die ehemaligen Bewohnenden zurück gibt, schlägt der Konzern einen ökonomischen Gewinn aus der Tatsache, dass ihm inzwischen ein großes, zusammenhängendes Stück Land gehört. Jetzt soll dort ein großes Institut gebaut werden. 
Warum hilft es da einen Wald zu kaufen?
Ersteinmal wollen wir klarstellen, wozu der Waldkauf nicht hilft: wenn wir uns juristisch eines Tages gegen die Enteignung der Waldparzelle wehren wollen, haben wir wahrscheinlich kaum eine Chance. Die hätten wir nur, wenn wir das Grundstück schon seit einigen Jahren bis Jahrzehnten besessen hätten. So haben wir den Wald vor allem aus zwei Gründen: ein Flickenteppich von Grundstücken in der Landschaft, die nicht RWE gehören, verhindert, dass der Konzern bei einem möglichen Erhalt der Dörfer Flächen großräumig zusammenschlägt und trotz Stopp des Tagebaus die Landschaft verramscht. Zweitens gibt jedes Grundstück in Bewegungshand der Bewegung weitere Spielräume für Veranstaltungen, Aktionen, Kreativität usw. 
Wo stehen wir da gerade?
Wir haben das Geld letztes Jahr vorgestreckt bekommen und erstmal still und heimlich die Chance ergriffen, eine Parzelle Waldstück im Keyenberger Wald zu kaufen. Inzwischen ist die Waldbesetzung Unser Aller Wald ganz in die Nähe gezogen. Jetzt sammeln wir Spenden ein, um das vorgestreckte Geld zurück zahlen zu können. Perspektivisch wollen wir das Eigentum an dem Wald in eine stabile Vereinsstruktur übergeben, die von Anwohner*innen und Klimabewegung verwaltet wird.
Was kann ich tun, wenn ich Fragen zum Unterfangen habe?
Schreib uns unter garzweiler_aufkaufen@autistici.org. Da könnt ihr uns auch schreiben, wenn ihr Ideen habt, die ihr gerne auf einer Waldparzelle bei Keyenberg umsetzen wollt.
Was kann ich tun, wenn ich das Projekt unterstützen will?
Du kannst Bekannten, Onkels und Tanten, Kolleg*innen oder Menschen aus deinem Gemüseladen auf dieses Projekt aufmerksam machen. Du kannst ins Gespräch kommen über den Tagebau Garzweiler, erzählen warum dir sechs Dörfer im Rheinland am Herzen liegen, kannst den Vlog von Unser Aller Wald zeigen, kannst deine Erlebnisse aus dem Rheinland teilen, wir können euch Poster von der Betterplacekampagne zukommen lassen….
Vielen Dank euch im Voraus!

 


 

„Je länger das dröhnende Schweigen der Verantwortlichen anhält und mit jedem Tag, an dem wieder niemand moralisch Verantwortung übernimmt, wächst diese Wunde.“ Predigt von Maria Mesrian (Maria 2.0 im Rheinland) am 7. Februar in Keyenberg an der Kirche

Kirche(n) im Dorf lassen & Maria 2.0:
„Wo du hingehst, da will auch ich hingehen.“ (Ruth 1,16)
Auf dem Weg zu Klima- und Gendergerechtigkeit
Solidarität als Antwort auf Formen struktureller Gewalt

Danke für die Einladung von “Kirche(n) im Dorf lassen “, der Initiative für Klimagerechtigkeit und für die Erhaltung der Kirchen und Dörfer in den vom Braunkohleabbau bedrohten Dörfern. 30 Minuten von Köln entfernt! Beeindruckend wie die Aktivist:innen dort kämpfen!

I. Walk in her shoes

Ich bin dankbar für die Möglichkeit, die ihr Frauen und Männer von „Kirche(n) im Dorf lassen“ mir heute gegeben habt. Ich durfte zum ersten Mal diesen Ort erleben und in euren Schuhen laufen. Als ich in der Vorbereitung auf heute die Augenzeugenberichte über eure Kämpfe und eure Aktionen gelesen habe, war ich tief berührt und bin sehr demütig geworden. Gegen euch sind wir, bin ich eine „blutige Anfängerin“.
Welche Zerstörung ihr erleben müsst, wie eure Heimat vernichtet wird aus reiner Profitgier, wie ihr das aushaltet, verdient meinen höchsten Respekt.
In den letzten Wochen, in denen wir uns mit Maria 2.0 intensiv und täglich mit den Betroffenen des sexuellen Missbrauchs und den Vertuschungen der Taten auseinander gesetzt haben, habe ich immer stärker das Bild einer offenen Wunde vor Augen.
Je länger das dröhnende Schweigen der Verantwortlichen anhält und mit jedem Tag, an dem wieder niemand moralisch Verantwortung übernimmt, wächst diese Wunde.
Manchmal spüre ich das fast körperlich. Es ist eine Mischung aus Wut und Ohnmacht angesichts einer scheinbaren Übermacht. Diese Übermacht ist im Fall von Maria 2.0 wenig greifbar. Sie versteckt sich hinter hohen Kirchenmauern und 2000 Jahre alten , patriarchalen, toxischen Machtstrukturen.
Hier in den Dörfern zeigt sich die Macht auf brutale Weise im Abriß der Dörfer, in diesem gespenstischen Riesenbagger und zutiefst in der Riesenwunde, die in die Erde hier gegraben wird und an deren Kante wir gerade stehen. Ich glaube, ihr kennt sehr gut, das Gefühl von Ohnmacht, Zorn und Wut.

II. Ursache: Ungerechtigkeit:

Eure Dörfer, dieses Loch vor dem wir stehen, stehen für die sinnlose Zerstörungswut auf Kosten der Natur und der Menschen. Profitgier und der Glaube an endloses, wirtschaftliches Wachstum als Triebfedern des Kapitalismus lassen das hier zurück: Verbrannte Erde – „Verheizte Heimat“. Die Auswirkungen sehen wir hier mit eigenen Augen. Wie eine Krake spannen sich die Folgen, die der Klimawandel mit sich bringt um die ganze Erde und betreffen uns alle.
Es ist das Erbe, das wir unseren Kindern überlassen.
Durchgesetzt wird die Zerstörung mit aller Macht. Sie verhilft der Ungerechtigkeit zu ihrem Recht. Auf der einen Seite, die, die ihrer Dörfer, ihrer Kirchen, ihrer Heimat beraubt werden. Auf der anderen Seite ein System, in dem Ungerechtigkeit allgegenwärtig ist.
Fast nahtlos verlaufen hier die Parallelen zur systemischen Ungerechtigkeit, wie sie uns in der katholischen Kirche begegnet. Bis heute hält die Institution eisern an der Diskriminierung von Frauen fest. Ihre Weigerung, Frauen die gleiche Rechte zukommen zu lassen ist deshalb nicht hin nehmbar, weil damit seit Jahrtausenden ein Menschenbild gefestigt wird, das Männer und Frauen nicht als gleichwertig anerkennt und zutiefst ungerecht ist. Durch diese Diskriminierung wird ein Machtgefälle legitimiert. Auf der einen Seite die Macht der Männer, die übrigens mit der Macht über das Geld und die Kirchenschlüssel beinhaltet. (Anmerk.: In Keyenberg wurde der langjährigen Küsterin der Schlüssel der Kirche vom zuständigen Pfarrer abgenommen, als sie Aktivist:innen von Greanpeace die Kirchentüre geöffnet hat https://www.sueddeutsche.de/wissen/umwelt-erkelenz-streit-um-cdu-c-in-kirche-kuesterin-muss-schluessel-abgeben-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-191128-99-922335.) Auf der anderen Seite die „scheinbar“ ohnmächtigen Frauen, die sich in die ihnen zugewiesene Rolle fügen sollen.
Die Wunde, die durch diese strukturelle Diskriminierung entsteht ist tief und es wäre zu eng gedacht als wenn sie sich nur in der frauenfeindlichen Haltung zeigen würde. Sie zeigt sich in der Ausgrenzung von Homosexuellen, von Menschen, die nach einer Scheidung wieder heiraten möchten. Sie zeigt sich in der Weigerung, gemeinsam mit anderen Christen das Abendmahl zu feiern. Und am bedrückendsten zeigt sie sich in den Taten der sexualisierten Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Das ist die Wunde, die mich sprachlos zurücklässt.
Die Weigerung – aktuell in Köln zu erleben, diese Taten und deren Vertuschung aufzuklären und damit meine ich nicht 5 weitere Gutachten, ist würdelos. Es ist würdelos, dass keiner der bekannten Verantwortungsträger persönlich moralisch Verantwortung übernimmt. Dabei geht es nicht um die Wiederherstellung von Glaubwürdigkeit für die Kirche, sondern um Gerechtigkeit für die Betroffenen. Das ist deshalb so unerträglich, weil Gerechtigkeit zur DNA des Evangeliums gehört. Sie ist die Grundachse, auf der Jesu Leben und seine Botschaft verläuft.
Gerechtigkeit wiederherzustellen gehört damit zu den Pflichten eines Christenmenschen.
Deshalb ist euer Kampf für Klimagerechtigkeit ein zutiefst christlicher Kampf. Er nimmt die Zustände der Ungerechtigkeit nicht hin, sondern setzt etwas dagegen. Und deshalb ist unser Kampf für Geschlechtergerechtigkeit und für Gerechtigkeit gegenüber den Betroffenen unsere Pflicht. Alles andere wäre ein Verrat an der Botschaft Jesu. Die Rede von Gott hat für mich immer die politische Dimension, weil sie sonst in nebulösen Sphären hängenbleibt und leicht dazu missbraucht werden kann, mit „Gottes Willen“ ungerechte, menschenfeindliche Zustände zu begründen und zu manifestieren.

III. Von der Ohnmacht zur Wirkmacht

Wie können wir die Wunden heilen? Was setzen wir der Gewalt entgegen, die von den jeweiligen Systemen ausgeht? Woher nehmen wir die Kraft angesichts eines scheinbar übermächtigen Systems?
„Du stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöhst die Niedrigen“. Der uralte Gesang des Magnificat, die Hymne der Ohnmächtigen wird hier in Keyenberg real. Und tatsächlich. Einmal aufgestanden, losgegangen entwickelt sich eine Dynamik, die mich staunen lässt. Die mich auch hier bei euch berührt. Euer Protest ist vielfältig und bunt. Auch ihr seid ja in vielfältige Netzwerke eingebunden und kämpft an der Seite von Fridays for future, Ende Gelände und den Aktivist:innen im Hambacher Forst und den anderen Wäldern. Ihr seid nicht nur ein kleiner Haufen Christ:innen, sondern eingebunden in einen bunte Welt verschiedener Menschen, die sich unabhängig von Geschlecht, Alter und Herkunft engagieren.
Das dürfen wir von Maria 2.0 genauso erleben. Weltweit sind wir inzwischen mit Frauen auf allen Kontinenten vernetzt und kämpfen für die gleichen Rechte, damit Jesu Botschaft wieder zum Strahlen kommt, befreit von diskriminierenden, menschenfeindlichen Strukturen. Es geht nicht darum, die Kirche zu retten. Diese Form der Kirche, die nicht die Schwachen, die Opfer im Blick hat, die die Schöpfung nicht achtet und schützt, die Menschen abweist, die Glauben in ein enges Korsett pressen will und genau zu wissen vorgibt, was katholisch ist und was nicht, muss sterben. Sie muss Platz machen für die Botschaft Jesu. Es geht darum, diese immer noch revolutionäre Botschaft Jesu der Gerechtigkeit und Liebe zu retten. Weil sie wirklich das Zeug hat, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
“Wo Du hingehst, will auch ich hingehen.“ Dieser Ausspruch Ruts, dieser tapferen Frau, die ihrer Schwiegermutter in ein für sie fremdes Land bedingungslos folgt, ist ein Zeichen unbedingter Solidarität. Eine Solidarität, die die eigene Schwäche und Ohnmacht als Frau, als Fremde überwindet und ihre Kraft findet, in dem sie mitgeht. In den Schuhen der anderen.
Diese Solidarität ist der Schlüssel für Veränderung. Dann wird die Macht der Ohnmächtigen sichtbar. Sie geht über alle Generationen hinweg wie man auch an der Klimabewegung sehen kann. Meine älteste Mitstreiterin bei Maria 2.0 ist 92 und unsere Jüngste ist gerade 5. Denn für sie führen wir diesen Kampf: Solidarität mit den zukünftigen Generationen.
Und dann werden aus Wunden Risse durch die das Licht einfällt. Leonard Cohen singt das: There is a Crack in everything and that is how the light comes in.
Ihr alle, die ihr hier mit eurer Leidenschaft und eurer Klarheit für den Erhalt der Dörfer und für einen Stopp der Zerstörung der Schöpfung eintretet, seid das Licht, das eindringt in die vorher übermächtigen, abgeschotteten, dunklen Systeme.
Ich wünsche euch und uns diese Kraft im Mitgehen, in der Solidarität wie Rut zu finden, denn darin liegt sie. Und wir wissen, dass wir nicht alleine gehen.

 

(Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung.)