Gemeinsame Pressemitteilung von „Alle Dörfer bleiben“ und „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ zur angekündigten Entwidmung der Keyenberger Pfarrkirche

Bedrohtes Dorf Keyenberg: Kirche soll vorzeitig entwidmet werden / Anwohnende entsetzt über Vorgehen der Pfarrei

Keyenberg/Erkelenz. Die Heilig-Kreuz-Kirche im von der Abbaggerung bedrohten Dorf Keyenberg soll nach Plänen der Pfarrei Christkönig Erkelenz bereits am 21. März 2021 entwidmet werden. Die Glocken der Kirche sollen laut einem Schreiben der Pfarrei „in naher Zukunft“ herabgelassen und in der Petruskapelle in Keyenberg-Neu aufgehängt werden. Der zuständige Bischof Helmut Dieser hatte eine Nutzung bis Ende des Jahres zugesagt. Anwohnende aus Keyenberg und kirchliche Initiativen üben scharfe Kritik am Vorgehen der Pfarrei. Sie sehen in der vorgezogenen Entwidmung den Versuch, noch vor der neuen Leitentscheidung zur Braunkohle im April Tatsachen zu schaffen.
„Pfarrer Rombach und der selbsternannte Ortsausschuss entscheiden im Alleingang gegen den Willen von uns Keyenbergern. Anstatt wie vielfach gefordert erstmal abzuwarten, soll unsere Kirche nun mitten in der Corona-Pandemie entwidmet werden. Vor allem älteren Dorfbewohnern wird damit ohne jede Not die Möglichkeit genommen, sich angemessen von ihrer Kirche zu verabschieden. Wir sind fassunglos, dass die Pfarrei Christkönig sich auf dieses Trauerspiel mit RWE einlässt“, sagt Helmut Kehrmann aus Keyenberg.
Im Dezember 2020 war öffentlich geworden, dass Wirtschaftsminister Altmaier über ein Jahr lang die Herausgabe einer Studie verweigerte, die belegt, dass Keyenberg sowie vier weitere Dörfer am Tagebau Garzweiler II mit den Beschlüssen der Kohlekommission erhalten werden könnten.
„Keyenberg kann bleiben, das ist spätestens durch das verheimlichte Gutachten der Bundesregierung klar geworden. Das weiß auch Pfarrer Rombach. Es ist eine bodenlose Unverschämtheit, dass er unsere Kirche nun möglichst schnell entwidmen will, um noch vor der ausstehenden Leitentscheidung unumkehrbare Fakten zu schaffen“, so die ehemalige Küsterin der Keyenberger Kirche, Hedwig Drabig.
„Wir möchten Bischof Dieser daran erinnern, dass er zugesagt hat, die Entwidmung zu überdenken. Halten Sie ihr Wort und setzen Sie als Christ ein starkes Zeichen für die Bewahrung der Schöpfung“, so der Theologe Jan Niklas Collet von der ökumenischen Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen“. „Die kulturgeschichtlich bedeutsame Dorfkirche Heilig Kreuz muss weiterhin dem Gottedienst gewidmet bleiben und darf nicht der Profitlogik von RWE geopfert werden. In diesen schweren Zeiten brauchen wir Orte, die Landmarken der Hoffnung sind.“

Unter Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen lädt die Initiative „Kirche(n) im Dorf lassen“ am Sonntag den 24.01.2021 um 12.00 Uhr zu einem  Gottesdienst vor der Keyenberger Kirche ein. Unter dem Motto, „Mit meiner Stimme schreie ich zum Herrn; mit meiner Stimme flehe ich zum Herrn“, soll dort ein Zeichen gegen die Entwidmung gesetzt werden.

Offener Brief an Bischof Dieser: „Kohle ist kein Kreuz“

Lutz Dittmar, ev. Pfarrer a.D. aus Erkelenz, antwortet auf die Einladung ( Kreuz mit der Kohle Einladung ) und den Fastenhirtenbrief ( Bischof Helmut Dieser – Fastenhirtenbrief 2020 ) des Bistums Aachen zu einem Kreuzweg am Tagebau Inden:

Kohle ist kein „Kreuz“, schon gar nicht das Kreuz Jesu Christi!

Das Kreuz Jesu wird zuschanden, wenn damit unsere „oft gegenläufigen Belastungssituationen“ benannt und unsere „Betroffenheit“ über die Zerrissenheit unserer Zeit in Worte gefasst werden soll. Schlimm ist es, wenn „unter dem Kreuz“ benannt werden, die „besonders in der Schusslinie stehen“. Die Wortwahl trifft Vorentscheidungen!
Der Leitgedanke des Fastenhirtenbriefs ist ein allgemeines_Bedauern: „Du kannst es niemals allen gerecht machen“; wir Menschen sind nun einmal „sehr unterschiedlich‘. Deshalb ein Kreuz-Weg?
Der Kreuzweg mit Stationen des Zuhörens und Bedenkens werde, so der Brief, zu Gott führen: „Gott führt uns in die Weite“. Welche Weite?
Wir leben in beklemmender Enge und müssen da unter Zeitdruck Entscheidungen gegen weltweite Lebensgefahr treffen. Dazu muß die Benennung von Ursachen gehören: auch durch Kohle! Auch bei uns! Das Kreuz Jesu ist Zeichen der Erlösung, nicht einer Problemlösung! Der Verkauf der Kirchen und Ländereien durch Pfarrer und Bischof im Bereich von Garzweiler II überlässt die Region dem Tagebau-Raubbau. Natürlich hat der Bischof damit politisch gehandelt und nicht pastoral, im Entgegenkommen zur Landesregierung, die die betroffenen (eindeutig katholisch geprägten) Dörfer abräumen lässt.
Als Ergebnis eines Zuhörens auf dem-Kreuzweg wird eine „Idee von Gemeinwohl“ erhofft. „Gemeinwohl“ ist bisher von den Betreibern weiterer Braunkohleverstromung als Argument missbraucht worden. Rücksichtnahme auf Gemeinwohl wird denen abverlangt, die Haus und Hof und Heimat nicht verlassen wollen. „Gemeinwohl“ wäre das „gemeinsame Haus“, das Papst Franziskus in „Laudato Si“ beschreibt. Der Brief des Bischofs und die Einladung zum“Kreuzweg bleiben weit darunter.
Könnte es sein, dass dem Bischof das Ausmaß der Zerstörung und der Gefahr nicht ausreichend vermittelt wird?