Menschenkette in Garzweiler: „Abstand halten – zu Virus und RWE“

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Braunkohle-Protest: +++ Erste Aktion im Kreis Heinsberg seit
Corona-Ausbruch – mit 3m Abstand und Mundschutz

Erkelenz. Anwohnende der bedrohten Dörfer am Tagebau Garzweiler haben für Donnerstag den 30. April eine Protestveranstaltung am Rande der
Kohlegrube angemeldet. Unter dem Motto „Abstand halten – zu Virus und RWE“ wollen sie um 18 Uhr zu einer „Menschenkette mit Maß“
zusammenkommen – mit Mundschutz und drei Metern Abstand zwischen den Teilnehmenden. Die Aktion sei nötig, weil RWE im Schatten der
Corona-Krise immer schneller auf die Dörfer zu baggere und Abrissarbeiten vornehme.

„Wir halten Abstand, RWE nicht: Der Konzern nutzt Corona aus. Während alles andere still steht, graben sich die Bagger mit Billigung der
Landesregierung frontal auf unsere Dörfer zu. In den letzten Wochen wurde die obere Schicht vor Keyenberg in schwindelerregendem Tempo
abgetragen. In Lützerath werden zudem die ersten Häuser abgerissen. Der Konzern agiert nach dem Motto: Was einmal zerstört ist, kann man nachher
leichter abbaggern. Uns bleibt daher keine andere Wahl, als uns dem in den Weg zu stellen.“ so Britta Kox aus Berverath.

David Dresen aus Kuckum ergänzt: „Wir wollen auch lieber Zuhause bleiben, aber wenn wir RWE nicht stoppen, haben wir bald kein Zuhause
mehr. Das Absurde ist: Aufgrund des gesunkenen Strombedarfs wird derzeit fast kein Braunkohlestrom mehr benötigt. Die Coronakrise hat uns
gezeigt, welch drastische Maßnahmen notwendig werden, wenn die Regierung zu spät handelt. Es wird daher höchste Zeit, die Kohleverstromung zu
stoppen und unsere Dörfer zu retten. Das rechnet sich am Ende für alle: Kohle ist nicht nur klimaschädlich, sondern auch verdammt teuer. Wir
fordern Ministerpräsident Laschet daher auf, endlich Verantwortung zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass die Bagger auf der obersten Sohle
sofort abgeschaltet werden.“

Die Aktion „Abstand halten – zu Virus und RWE“ wird von der Initiative „Alle Dörfer bleiben! Rheinland“ organisiert. Das
Bundesverfassungsgericht hat letzte Woche klargestellt, dass Demonstrationen auch während der Corona-Maßnahmen möglich sein müssen,
wenn sie mit ausreichenden Schutzmaßnahmen verbunden sind. Bei der Aktion sollen die Teilnehmenden daher drei Meter Abstand zueinander
einhalten und Mundschutz tragen.

„Alle Dörfer bleiben!“ ist ein bundesweites Bündnis, in dem sich Betroffene aller Braunkohle-Regionen und Aktive aus der
Klimagerechtigkeitsbewegung gemeinsam gegen Zwangsumsiedlung und Klimazerstörung einsetzen. Die Landesregierung NRW und der Kohlekonzern
RWE wollen für den Braunkohle-Tagebau Garzweiler noch sechs Dörfer zerstören und 1.500 Menschen umsiedeln, „Alle Dörfer bleiben!“ wehrt
sich gegen diese Pläne.

+++ Trotz Einhaltung aller Schutzmaßnahmen: Ordnungsamt untersagt Menschenkette

Erkelenz. Das Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ reicht Klage gegen ein Demonstrationsverbot ein. Das Ordnungsamt Erkelenz hatte am Montag eine
Versammlung am Garzweiler-Tagebau untersagt, mit der die Initiative gegen den ungebremsten Abriss der dortigen Dörfer durch RWE protestieren
will. Die Menschenkette „Abstand halten – von Virus und RWE“ ist für Donnerstag, den 30. April angesetzt und soll unter Einhaltung aller
Corona-Schutzmaßnahmen stattfinden.

Alle Teilnehmenden der Menschenkette „Abstand halten“ sollen Mundschutzmasken tragen und drei Meter Abstand zueinander halten. Die
Organisator*innen haben die Versammlung für maximal 50 Personen angemeldet. In Verlautbarungen auf Webseite, Twitter und Facebook bittet
„Alle Dörfer bleiben“ zudem ausdrücklich darum, nicht persönlich zur Demonstration zu kommen, damit die maximale Personenzahl nicht
überschritten wird. Man bekomme die 50 Teilnehmenden mit Menschen aus den Dörfern voll.

„Shoppen erlaubt, demonstrieren nicht? Wir können bei unserer Menschenkette auf der Landstraße viel leichter Abstand halten als in den
Kaufhäusern, die nun wieder öffnen dürfen. Wir halten uns an alle verordneten Auflagen, aber unsere Grundrechte werden trotzdem
missachtet. Das ist ein Skandal! Dagegen gehen wir vor Gericht.“ kommentiert David Dresen aus dem bedrohten Dorf Kuckum.

Britta Kox aus Berverath ergänzt: „Wir wollen auch lieber Zuhause bleiben, aber während alle mit Corona beschäftigt sind, reißt RWE in
Lützerath Häuser ab und lässt seine riesigen Bagger Kurs auf Keyenberg nehmen. Dabei ist Braunkohle-Strom das Letzte, was die Welt gerade
braucht. Doch anstatt dass die Landesregierung den klimaschädlichen Kohleabbau stoppt, hindert sie uns daran, uns zu wehren.“

Das Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ fordert den sofortigen Stopp aller Zwangsumsiedlungen, aller Abrissarbeiten, Flächen- und Naturzerstörungen
in den Braunkohlerevieren. Es setzt sich für den Erhalt der vom Braunkohlebergbau bedrohten Dörfer, den schnellstmöglichen Ausstieg aus
der Kohleförderung sowie die Einhaltung der Pariser Klimaziele ein.

„Unsere nächste Menschenkette ist schon in Planung“ +++ Bündnis kündigt neue Aktion an

Aachen. Das Verwaltungsgericht Aachen hat eine für den heutigen Tag geplante Demonstration von „Alle Dörfer bleiben“ untersagt. Das Bündnis
von Tagebau-Betroffenen hatte für maximal 50 Teilnehmende eine Menschenkette mit drei Metern Abstand und Mundschutz am Rande des
Tagebaus Garzweiler angemeldet. Das Gericht rechtfertigte die Entscheidung unter anderem damit, dass eine Demonstration am Vorabend
des 1. Mai eine „Attraktion“ darstelle. Weiter heißt es in der Begründung, dass es für den Protest keinen Grund zur Eile gebe, da RWE
ja auch in Zukunft noch Kohle abbaue. Anwohnende der bedrohten Dörfer zeigen sich bestürzt über die Begründungen des Gerichts. „Alle Dörfer
bleiben“ will zeitnah erneut eine Menschenkette anmelden.

„RWE baggert Tag und Nacht und hält seit Beginn der Corona-Krise frontal auf unser Dorf zu – und das obwohl momentan kaum noch Kohle verbrannt
wird. Dennoch ist das Gericht der Meinung, es sei uns zuzumuten, in dieser Situation auf unser Versammlungsrecht zu verzichten. Das ist
unglaublich. Für uns ist auf jeden Fall klar: Wir lassen uns nicht kleinkriegen, unsere nächste Menschenkette ist schon in Planung.“ so
Helmut Kehrmann aus Keyenberg.

Sabine Hollax aus Holzweiler ergänzt: „Ich habe Angst um unsere Demokratie, wenn in Krisenzeiten derart massiv und willkürlich in die
Grundrechte der Bürger eingegriffen wird. Besonders merkwürdig sind die Ausführungen des Gerichts dazu, dass wir keine drei Meter Abstand
einhalten könnten, weil wir die zwischen uns gespannten Bänder verlieren oder ‚durchhängen‘ lassen könnten. Das wirkt, als hätten die Richter
krampfhaft nach Gründen gesucht, den Protest zu verbieten. Gleichzeitig will die Landesregierung NRW verkaufsoffene Sonntage einführen. Es geht
offenbar immer nur um‘s Geld, sei es das von RWE oder das in den Einkaufszentren.“

David Dresen aus Kuckum ist fassunglos: „Das Gericht verwehrt uns mit fadenscheinigen Gründen ein Grundrecht. So behaupten die Richter, es
könnten viele Leute kommen. Wir haben im Internet und in der Presse jedoch klar gesagt, dass niemand zur Menschenkette kommen soll, weil wir
die 50 Leute selbst voll bekommen. Die Stadt Köln hat in den letzten neun Tagen 16 Versammlungen genehmigt, obwohl sich in einer Großstadt
viel leichter große Menschenansammlungen bilden als auf einer Landstraße am Tagebaurand!“

Anwohnende der bedrohten Dörfer am Tagebau Garzweiler hatten für Donnerstag den 30. April eine Protestveranstaltung am Rande der
Kohlegrube angemeldet. Unter dem Motto „Abstand halten – zu Virus und RWE“ wollten sie um 18 Uhr zu einer „Menschenkette mit Maß“
zusammenkommen – mit Mundschutz und drei Metern Abstand zwischen den Teilnehmenden. Die Aktion sei nötig, weil RWE im Schatten der
Corona-Krise immer schneller auf die Dörfer zu baggere und Abrissarbeiten vornehme, so das Bündnis „Alle Dörfer bleiben“.