„Glockenklau“ in Keyenberg

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Derzeit wird offensichtlich die Entfernung der Glocken aus dem Kirchturm in Heilig-Kreuz Keyenberg vorbereitet.
Die Kirche Heilig-Kreuz in Keyenberg ist das weithin sichtbare Herz des Dorfes; sie steht für ein geschwisterliches Verhältnis zu den Juden und Jüdinnen und für die Bewahrung der Schöpfung sowie die Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles. Wer Hand an sie legt, legt Hand an den Religionsfrieden, legt Hand an das, was die ChristInnen Gottes Schöpfung nennen. Wer Hand an die Kirche Heilig Kreuz in Keyenberg legt, legt Hand an das Leben unserer Enkel.
Außerdem könnte die Entfernung der Glocken nach einem bekannt gewordenen Schreiben der Denkmalbehörden schlicht rechtswidrig sein: „… Eine Entnahme von Ausstattungselementen, auch der Kirchenglocken, wird seitens der Denkmalpflege als kritisch und voraussichtlich nicht erlaubnisfähig angesehen.“
Noch ist nichts über die Entwidmung der Kirche (die religiöse „Unbrauchbarmachung“ nach katholischen Verständnis) bekannt. Erst im Januar hatten der Priesterrat der Diözese Aachen und der Bischof Dr. Helmut Dieser die Entwidmung der Kirche aufgeschoben. Möglicherweise wird in den nächsten Tagen wieder eine Entscheidung beim Bistum gefällt.
Deshalb rufen wir dazu auf, an den Bischof in Aachen, Dr. Helmut Dieser zu schreiben und ihn zu bitten, dass er der stückweisen Zerstörung der Keyenberger Kirche – und damit der weiteren Spaltung ihrer Gemeinde – einen Riegel vorschiebt.
Wir rufen auch dazu auf, sich an die Mitglieder des Priesterrates zu wenden und diese persönlich zu bitten, dieses Bollwerk gegen die 1,5 Gradgrenze als Gotteshaus zu erhalten und der Entwidmung nicht zuzustimmen. Für die Glocken der Kapelle in Neu-Keyenberg lässt sich eine andere Lösung finden.

Mitglieder des Priesterrates sind (laut Homepage des Bistums) aktuell:
— Dr. Peter Blättler
— Georg Lauscher
— Heinz Herpers
— Andreas Mauritz
— Klaus Esser
— Paul Jansen
— Dr. Thomas Eicker
— Hans-Georg Schornstein
— Ulrich Clancett
— Gregor Huben
— Matthias Fritz
— Achim Köhler
— P. Wolfgang Thome OFM

Wir rufen auch dazu auf, den Bürgermeister von Erkelenz zu bitten, dass er in dieser Sache vermittelt und verhindert, dass die katholische Kirche unsere Dörfer zu einem Zeitpunkt aushöhlt, zu dem die Zerstörung durch RWE nicht mehr sicher ist.Am 12.9. wird die Heilig-Kreuz-Kirche einer der Anlaufpunkte am Tag des Offenen Denkmals sein.
Weitere Informationen auf www.kirchen-im-dorf-lassen.de.

„Die Kirche(n) im Dorf lassen“ bekommt Besuch von den Arbeitergeschwistern, die Zeugen des Abtransports der Glocken werden

Am 3. September 2021 hat „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ Besuch bekommen von einer kleinen Delegation des Internationalen Treffens der Arbeitergeschwister. Die Arbeitergeschwister stehen in der Tradition der französischen Arbeiterpriester, die sich für eine Kirche an der Seite der ArbeiterInnen einsetzen und deshalb selbst als Priester zu Arbeitern
wurden, um deren Perspektive kennenzulernen und sich gemeinsam mit ihnen zu organisieren. Heute sind es nicht nur Priester, sondern auch Ordensleute und Laien, die auf diese Weise in prekären Berufen beschäftigt sind, um aus der Perspektive prekär Arbeitender Menschen, die Welt und ihr ChristIn sein zu verstehen und sich für Gerechtigkeit einzusetzen.
Unsere Gäste kamen gleich mitten in die konfliktiven Auseinandersetzungen hinein, die die momentane Situation in Keyenberg ausmachen: Sie kamen just in dem Moment in Keyenberg vor der Kirche an, als die Kirchenglocken abtransportiert wurden. So haben sie ganz unmittelbar den Schmerz, die Verzweiflung und Wut vieler Menschen die mit der Kirche verbunden sind, erlebt. Wir haben dies zum Anlass genommen über die Situation in Keyenberg zu erzählen und sind bei unseren Gästen auf viel Sympathie mit unserem Engagement und unseren Aktivitäten gestoßen wie auch auf Entsetzen und Unverständnis über die Haltung der Verantwortlichen in Kirchengemeinde und Bistum. Gemeinsam sind wir nach Lützerath gefahren, habe unseren Besuch durch das Dorf und die Mahnwache geführt, wo unsere Gäste sich sehr beeindruckt zeigten, von den vielen Zeichen eines kreativen und mutigen Protests, die hier zu sehen sind. Gemeinsam haben wir einen bewegenden Gottesdienst in der Eibenkapelle gefeiert, der unsre Verbundenheit im Einsatz für eine gerechte Welt und ein Ende der Klimakatastrophe zum Ausdruck brachte und
uns bestärkt hat an verschiedenen Orten und auf unterschiedliche Weise die gemeinsame Hoffnung auf Veränderung weiterzutragen.

Erkelenz. Heute Vormittag wurden die Glocken der Heilig Kreuz Kirche in Keyenberg herabgelassen und unter Polizeischutz abtransportiert. Keyenberg ist von der Abbaggerung durch den Kohlekonzern RWE bedroht. Das Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ übt scharfe Kritik an der überraschenden Entnahme der Glocken. Im März hatte der Priesterrat des Bistums Aachen eine vorzeitige Entwidmung der Kirche gestoppt. Am 9. September soll der Priesterrat erneut über eine Entwidmung beraten./“Heute hat man klammheimlich die Glocken aus unserer Kirche geraubt,“ sagt Barbara Ziemann-Oberherr aus Keyenberg. „Die Heilig-Kreuz-Kirche ist ein geweihtes Gotteshaus, die Entnahme der Glocken ein Sakrileg. Das trifft uns tief ins Herz. Die Pfarrei Christ-König in Erkelenz will
damit Fakten schaffen, um die anstehende Entscheidung des Priesterrats über die Entwidmung der Kirche vorwegzunehmen.“
„Das ist ein sehr schmerzhafter Moment, mit ansehen zu müssen, wie gegen den Wunsch und Willen der Keyenberger Bürger, die Glocken von Heilig-Kreuz entfernt werden“, sagt Helmut Kehrmann aus Neu-Keyenberg.
„Das ist ein Intrigenspiel des Pastors, des Ortsausschusses und Kapellenvorstand in Eintracht mit der örtlichen CDU. Die Glocken gehören zu Keyenberger wie der wertvolle Lössboden. Das Geläut der Glocken war ein vertrauter Klang, man wusste, du bist zu Hause. Das Entfernen der Glocken ist wie ein Stich ins Herz der ‚Alten Keyenberger‘.“
Nach der neuen Braunkohle-Leitentscheidung, die die Landesregierung NRW im März diesen Jahres verabschiedet hat, soll erst im Jahr 2026 geprüft werden, ob die Dörfer Keyenberg, Kuckum, Unter- und Oberwestrich sowie Berverath tatsächlich abgebaggert werden. Die Entwicklungen der letzten Monate, wie das Urteil der Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz im April, sprechen dafür, dass der Kohleausstieg weitaus früher als 2038 abgeschlossen wird, und dass Keyenberg und die Heilig-Kreuz-Kirche erhalten bleiben.

Die Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ sieht die Wegführung der drei Glocken aus der Keyenberger Kirche am 3.9.2021 mit großer und wachsender Sorge. Unter den am Ort verbliebenen BewohnerInnen ist eine übermächtige und ohnmächtige Enttäuschung festzustellen, welche sich nun nicht mehr nur auf den Erkelenzer Pfarrer und die ihn umgebende kleine
Gruppe bezieht, sondern nach der heutigen Pressemitteilung der Pressestelle des Bistums auch auf die Amtskirche an sich übergreift.
Grundsätzlich begrüßt die Initiative, dass heute nicht auch die Fenster geplündert worden sind. In den Glockenstuhl der kleinen Kapelle im Umsiedlungskarrée Erkelenz-Keyenberg-Neu aber hätten sich problemlos kleine neue Glocken einfügen lassen, zumal Pfarrer Rombach oft den völligen Neubeginn gepredigt hat und nach dem Verkauf der Keyenberger
Liegenschaften an die RWE AG Geld nun nicht das Problem eines Neuanfangs bei den Glocken sein kann. Besonders enttäuschend ist auch, dass man zunächst durch die Polizei mitteilen ließ, die Glocken kämen „zur Überarbeitung“. Diese Lügen empfinden viele der in Keyenberg verbleibenden verunsicherten EinwohnerInnen und Gemeindemitglieder als „schäbig“ und eines Seelsorgers ausgesprochen unwürdig. Die gesamte Kommunikation, die nun bemerkenswerterweise von der Pressestelle des Bistums verbreitet wird, wirkt widersprüchlich. Es drängt sich die Vermutung auf, dass trotz entgegengesetzter Aussagen des Bischofs Keyenberg durch die Amtskirche für die Übernahme durch den Tagebau vorbereitet werden soll.
So ist die Wegführung der Glocken der erste Schritt einer stückweisen Zerstörung der Kirche, welche ihren Ursprung in dem Wunsch einer weiteren vorgeblich preisgünstigen Kohleverstromung hat. Die philosemitische Bedeutung von Heilig-Kreuz Keyenberg werde bestenfalls ignoriert, ein Hindernis für die Kohleverstromung auch im Sinne eines der Kanzlerkandidaten des laufenden Bundestagswahlkampfes zügig beseitigt, so Dr. Anselm Meyer-Antz, einer der Sprecher der Initiative. „Der Erkelenzer Pfarrer will sich eines Problems schnell entledigen,
welches der Gesamtkirche die Chance böte, das Ruder herumzureißen und am 1,5-Grad-Ziel der gesamten Menschheitsfamilie mitzuarbeiten. Dieses
autoritäre Verhalten der Verantwortlichen in Erkelenz und in Aachen steht einem geschwisterlichen und solidarischen Kirchenverständnis entgegen. Stärker, als dies der Erkelenzer Kirchenvorstand getan hat, kann nicht gegen die „Zehn Thesen der Deutschen Bischofskonferenz zum Klimaschutz“ gehandelt werden.
Ein namentlich nicht genannter Sohn des Ortes Keyenberg: „Meine Vorfahren, die vor etwa 300 Jahren in Keyenberg gelebt haben, haben für Glocken für die Hl. Kreuz Kirche in Keyenberg gespendet. Nicht für diesen Kubus auf dem Acker ‚Am Herrather Weg‘ in Erkelenz.“Die Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ fordert vor diesem Hintergrund die Verantwortlichen auf, die drei Glocken wieder an ihren eigentlichen Ort zurückzubringen. Sie warnt eindringlich vor dem sonst für die Kirche und für den Bischof entstehenden Schaden.Dr. Anselm Meyer-Antz: „Die Diözese Aachen und vor allem die dort für die Kommunikation Verantwortlichen haben hier der Kirche an sich und ohne Not wieder ein massives Glaubwürdigkeitsproblem eingefahren, auch über den Raum Erkelenz hinaus und auch bei ihren eigenen Leuten. Dies verwundert insbesondere angesichts der massiven Probleme, welche die Kirche angesichts krimineller oder forensisch kranker Menschen unter
ihren Priestern ohnehin schon hat.“