Gartenlaubengate: Die Polizei konfisziert eine bunte Holzhütte, die im Rahmen des Klimacamps gebaut wurde

Video

Fotos

Texte

Gestern hat die Polizei ein Haus konfisziert. Viele Hände hatten es gebaut, viele Kinderhände hatten es bemalt. Zuerst wurde versucht, das bunte Haus zu konfiszieren, weil es unsicher geladen sei. Als klar wurde, dass die Ladung nicht zu bemängeln ist, war die Argumentation, mit dem bunten Haus sei eine Ordnungswidrigkeit geplant. Zeitweise blockierten 100 Polizist*innen eine Tankstelle, über 5 Stunden wurde der Lastwagen aufegahlten. Was ist so gefährlich an einem gemeinsam gebauten
Haus? Was ist so gefährlilch an den bunten Farben, mit denen es die Kinder bemalt hatten?

Die Gefahr besteht darin, dass das bunt bemalte Haus eine Wahrheit gesprochen hat, die verborgen bleiben soll. Die Wahrheit, dass wir längst viele sind, die wissen, dass es so nicht weiter geht. Die Wahrheit, dass viele bereit sind, ihre Körper der Zerstörung dieses Planeten entgegen zu stellen, auch wenn sie Angst haben. Angst verhaftet zu werden, Angst Pfefferspray abzukriegen, Angst dass ihnen wegetan wird.

Doch etwas anderes ist stärker geworden. Es ist die Angst davor, dass unser Planet, unsere Lebensgrundlage für immer zerstört wird. Es ist die
Ablehnung dagegen, dass andere für unseren Lebensstil leiden müssen, und es ist auch die Hoffnung darauf, anderes zu leben. Die Hoffnung auf eine
Welt, in der wir gemeinsam Dinge aufbauen, in der die Häuser bunt bemalt sind und wir in einer intakten Natur leben, die wir verstehen und lieben.

Und genau aus dieser Hoffnung ist auch dieses zweite Baumhaus entstanden. Nachdem wir gestern vergeblich auf unsere Freund*innen gewartet haben, haben wir uns schlafen gelegt, zum einschlafen haben wir uns Geschichten vorgelesen, um uns zu beruhigen, und am Ende war nur nch
die lebendige Stille des Waldes bei Nacht da.

Heute Morgen sind wir mit dem ersten Licht aufgestanden, was durch das Blätterdach kroch, und haben begonnen zu bauen. Was hier entstanden ist,
soll uns alle daran erinnern, dass ein gemeinsam gebautes Haus für die bestehende Ordnung so gefährlich ist, dass es zumindest bewaffnete
Polizist*innen braucht, um es verschwinden zu lassen. Was hier enstanden ist, soll ein Haus für uns alle sein.

Ich lade alle ein, vorbeizukommen und in dem Haus zu verweilen, wann immer die Angst und die Zweifel in euch stärker werden als die Hoffnung.
Dieser Ort soll uns daran erinnern, dass wir gemeinsam, entschlossen, kreativ und liebevoll eine Wahrheit erzählen, die das System aus Gier
und Wachstumswahn zum Wanken bringt.

Denn wenn heute schon ein bunt bemaltes Haus verschwindet, was verschwindet dann morgen? Wer verschwindet dann morgen? Wir leben in
Zeiten in denen ich es nicht verantworten kann, nicht zu handeln. Ich möchte uns einladen gemeinsam zu handeln. Denn nichts scheint sie mehr
zu verunsichern.

Raststätte Bedburger Land West. Samstag Abend hat die Polizei auf der Autobahn A61 mit 100 Beamt*innen eine Gartenlaube von Klima-Aktiven
beschlagnahmt. Man habe verhindern wollen, dass damit eine Ordnungswidrigkeit im Rahmen des Landesforstgesetzes begangen werden
könnte. Tatsächlich hatte das Klimacamp am Freitag in einer Pressemitteilung verkündet, dass auf dem Camp „ein neues Baumhaus für
die Besetzer*innen des Hambacher Forsts gebaut“ werde.

„Die Polizei behauptet, wir wollten die Laube als Baumhaus und damit als Fremdobjekt in den Hambacher Wald bringen. Nach dem Landesforstgesetz
sei das möglicherweise ordnungswidrig. Wie seltsam, dass sich plötzlich die Polizei für den Schutz des Waldes interessiert, dessen Rodung sie
ansonsten durchzusetzen versucht“, so Johanna Winter vom Klimacamp.

Camp-Sprecherin Maja Rothe ergänzt: „Besonders absurd ist, dass im Beschlagnahmungsprotokoll steht, es habe sich um einen ‚Zufallsfund‘
gehandelt. Da muss man sich doch fragen, ob die Polizei nun alle Gartenlauben in Deutschland konfisziert, die sie zufällig findet, weil
sie sonst vielleicht in den Hambacher Forst gebracht werden könnten. Hier sieht man, wie das Recht verbogen wird, um Konzerninteressen
durchzusetzen. Die Polizei handelt damit als verlängerter Arm des Werkschutzes von RWE.“

Die Klima-Aktiven befürchten, dass die Polizei bereits diesen Monat die Besetzung im Hambacher Forst räumen und dafür riesige Schneisen in den
alten Wald schlagen wird, was einer illegalen Rodung gleichkäme. Das Bündnis „Aktion Unterholz“ ruft für diesen Fall zu kreativen Aktionen zivilen Ungehorsams auf. Gleichzeitig kündigte das Bündnis Ende Gelände eine massenhafte Aktion zivilen Ungehorsams für die Rodungssaison an.

Die Stimmung unter den Klima-Bewegten auf der Raststätte war gut, trotz des rechtlich fragwürdigen Vorgehens der Beamt*innen. Der Abtransport
der Laube unter Polizeischutz wurde mit dem Sprechchor „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Laube klaut!“ begleitet. Als Antwort auf
den Laubenklau wurde bereits am Sonntagmorgen im Hambacher Forst eine weitere Gartenhütte errichtet.

Das Klimacamp im Rheinland dauert noch bis zum 22. August. Der Austausch mit der lokalen Bevölkerung ist weiterhin im Gange, am heutigen
Nachmittag um 16 Uhr lädt das Klimacamp zum gemütlichen Austausch bei Kaffee und Kuchen.