Die Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen besiegelt das Schicksal von Lützerath / Luisa Neubauer und Elizabeth Wathuti zu Gast an der Kante

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Bonn | 14.10.22 | 10 Uhr
Zu Beginn der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen demonstriert Fridays for Future heute mit anderen Umweltgruppen in Bonn. Grund für die Wut und Enttäuschung der Aktivist*innen ist die Vereinbarung zwischen Robert Habeck, Mona Neubaur und dem Energiekonzern RWE. In einem gemeinsamen Eckpunktepapier haben diese vor 10 Tagen angekündigt, Lützerath nun endgültig abreißen zu wollen. Damit geben sie wenige Wochen vor der internationalen Klimakonferenz COP 27 in Ägypten die Einhaltung der deutschen Klimaziele aus dem Pariser Klimaabkommen auf.
Zum Hintergrund:
Eine Überprüfung der von der Landesregierung beauftragten neuen Gutachten, durch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, zeigt, dass die als “Einsparung” präsentierten 280 Millionen Tonnen Kohle, aufgrund der ökonomischen und politischen Lage auch so im Boden geblieben wären.
Tatsächlich soll die Braunkohle, die ansonsten bis 2038 verstromt worden wäre, durch die Reaktivierung der Kraftwerke jetzt bereits vor 2030 komplett verfeuert werden. Die “Einsparungen” wurden im Vergleich zum Rahmenplan von 1997 gerechnet, der noch 560 Mio.Tonnen Kohle enthielt und schon seit Jahren als nicht mehr zeitgemäß gilt.
Indes zeigt eine Studie des DIW (Stand 2021), dass zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5-Grad mit 50%-iger Wahrscheinlichkeit, die maximale Fördermenge von Braunkohle in Garzweiler II noch 70 Millionen Tonnen betragen darf. Abzüglich der seitdem geförderten Menge, verbleibt nun ein Restbudget von 47 Millionen Tonnen. Die Absprachen zwischen Land, Bund und Energiekonzern sehen jedoch vor, bis 2030 noch ganze 280 Mio. Tonnen zu fördern.
Aus neuesten Recherchen des SPIEGELS geht hervor, dass die Gutachten, mit denen Habeck und Neubaur die Zerstörung Lützeraths rechtfertigen, durch Unsicherheiten in der Datenlage und den Annahmen anders als behauptet keine eindeutigen Antworten auf die Fragen nach energiepolitischer Notwendigkeit, Abraum und Wasserwirtschaft geben.
Das genannte Eckpunktepapier stellt nur eine politische Verständigung zwischen den Ministerien und dem Konzern dar. Es soll in den kommenden Wochen in einen Gesetzestext gegossen werden. Dafür fordern die Aktivist*innen von Habeck und Neubaur eine dringende Korrektur: Die Kohlemenge muss ans Emissionsbudget angepasst und Lützerath gerettet werden – Abrissmoratorium jetzt!
“Es macht mich einfach unfassbar wütend, wie unehrlich da kommuniziert wird. Für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels dürfen wir hier am Tagebau Garzweiler maximal weitere 47 Millionen Tonnen Kohle verstromen. Wenn die Politik unter Führung der Grünen die Fünf- bis Sechsfache Menge genehmigt, und das versucht hinter Jahreszahlen zu verstecken oder als einen Erfolg für den Klimaschutz zu feiern, ist das ein Witz!”, findet Linda Kastrup, Pressesprecherin von Fridays for Future.
„Robert Habeck und Mona Neubaur haben uns angelogen. Durch den intransparenten Deal mit RWE wird kein einziges Gramm CO2 eingespart!
Vielmehr sichert die Bundesregierung durch die Reaktivierung und Laufzeitverlängerung von Kraftwerken die Profite von RWE im kommenden Jahrzehnt. Die Partei ist bei der letzten Wahl angetreten, um Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit wirklich umzusetzen. Stattdessen kapituliert die Partei jetzt vor Konzerninteressen, und opfert damit wenige Wochen vor der COP, das deutsche 1,5-Grad-Ziel!”, erklärt Sumejja Dizdarević von Fridays for Future.
Die Demonstration findet am heutigen Tag, Freitag, dem 14.10, um 15 Uhr in Bonn auf dem Platz der Vereinten Nationen statt.Pressekontakt:
Presseteam Fridays For Future Deutschland
Mail: presse[at]fridaysforfuture.de
Website: www.fridaysforfuture.de

Bonn. Zum Start des Bundesparteitags der Grünen demonstrieren heute Greenpeace Aktivist:innen mit einem fünf Meter hohen “X” – dem Symbol des gewaltfreien Widerstands der Umwelt- und Klimabewegung – vor dem World Conference Center in Bonn. Sie fordern, dass RWE die klimaschädliche Braunkohle unter dem Dorf Lützerath am Tagebau Garzweiler nicht abbaggern darf. Alleine die in Aussicht gestellten Fördermengen von 280 Millionen Tonnen Braunkohle drohen das Emissionsbudget für Deutschland gemäß des Pariser Klimavertrags zu sprengen. Auf dem Banner steht “1,5 Grad heißt: Lützerath bleibt”. Auf dem Grünen-Parteitag wird es von Freitag bis Sonntag auch um kontroverse Themen gehen, die den Kern der grünen Politik betreffen. Hierzu zählt die Umsetzung der Klimaschutzpolitik. Am Sonntag werden heftige Debatten um die Ausbeutung der Kohle unter Lützerath erwartet. Es kommentiert
Karsten Smid:
„Das vorgezogene Enddatum für RWEs Kohleausstieg auf 2030 garantiert noch nicht, dass die Klimabilanz stimmt. Wenn RWE nun den Tagebau in Garzweiler schneller ausweiten und Millionen Tonnen Braunkohle verfeuern darf, ist damit dem Klima nicht geholfen. Deutschland kann seine Verpflichtung zum Klimaschutz nur einhalten, wenn die Kohle unter Lützerath im Boden bleibt und ansonsten eine stetige Abnahme der zu verfeuernden Braunkohlemengen vereinbart wird. Der Parteitag der Grünen sollte sich hierfür klar aussprechen und fordern, die Vereinbarung zwischen Minister Habeck, Ministerin Neubaur und RWE zu korrigieren.
Trotz der Energiekrise ist die Versorgungssicherheit auch ohne den Abbau der Kohle unter Lützerath gegeben.“
– Karsten Smid, Greenpeace-Klimaexperte

Der (denkbar knapp abgelehnte) Antrag der Grünen Jugend zur Rettung von Lützerath zum Download als pdf..

 

Lützerath, 17.10.2022. Die weltweit bekannte Klimagerechtigkeitsaktivistin Elizabeth Wathuti besuchte gestern Lützerath am Rande des Braunkohletagebaus Garzweiler II. Gemeinsam mit Luisa Neubauer von Fridays for Future und Julia Fischer von Lützerath Lebt forderte sie einen finanziellen Ausgleich von den Ländern, die die Klimakrise verursachen. Damit soll für die die katastrophalen Folgen in den bereits jetzt stark betroffenen Regionen aufgekommen werden.
„Wenn der Regen ausbleibt, bedeutet das auch, dass unsere Ernten ausfallen. Es bedeutet, dass die Familien nicht mehr genug zu essen haben“, beschrieb Elizabeth Wathuti die verheerenden Dürren in ihrer Heimat Kenia. „Wir haben gesehen, auf wie viel Widerstand das Thema Finanzierung vor allem in den Ländern des Nordens gestoßen ist.
Angesichts der Herausforderungen, mit denen wir heute konfrontiert sind, rufen wir zu internationaler Solidarität auf, wir rufen diese Länder auf, sich tatsächlich zu engagieren und die Reparation von Schäden und Verlusten zu leisten.“, so Wathuti, deren Besuch in Lützerath Teil ihrer Vorbereitung auf die COP 27 war. Der UN-Klimagipfel wird Anfang November stattfinden. Vor einem Jahr hatten die zurückhaltenden und industriefreundlichen Beschlüsse der COP 26 für weltweite Empörung in der Klimagerechtigkeitsbewegung gesorgt.
Dieser Unmut besteht auch im Protestbündnis um Lützerath schon lange und steigerte sich seit der Regierungsbeteiligung der Grünen nochmals. Gestern bestätigte die Grünen-Parteibasis die Absicht von Robert Habeck, Mona Neubaur und dem Stromkonzern RWE, das Dorf für die profitable Braunkohleförderung abzureißen. Der Beschluss von Anfang Oktober sieht vor, in den nächsten anderthalb Jahren die Verbrennung des klimaschädlichen Brennstoffs massiv zu steigern.
Julia Fischer sieht in der Entscheidung eine direkte Ursache für die extremen Klimanotstände weltweit: „Diese Katastrophe wurde nicht in Kenia gemacht. Sie wurde hier gemacht. Der wirtschaftliche Aufschwung, der Deutschland eine Vorreiterrolle in der Welt gebracht hat, ist fossil und kolonial. Die Kohle, die dafür verbrannt wird, erzeugt die Dürre am Horn von Afrika”. In Reaktion auf die Energiepreisdebatten der letzten Wochen problematisiert Lützerath Lebt vor Allem die marktorientierte Stromerzeugung: “Wir in Lützerath sind für Energiesicherheit – dafür braucht es jedoch die Kohle unter Lützerath nicht. Energiesicherheit für Menschen kann es nur geben, wenn die Profitsicherheit der Konzerne endet. Wir können RWE enteignen und den gesamten Energiesektor
vergesellschaften, damit alle die Energie bekommen, die sie zum Leben brauchen.”
Mehrere Mitglieder der Grünen Jugend, darunter Luisa Neubauer, kündigten gegen den Partei- und Regierungskurs bereits aktiven Widerstand an. So auch eine breite Allianz von Aktivist*innen und über 10.000 Menschen, die den Aufruf „X-tausend für Lützerath“ unterschrieben haben. Noch dieses Jahr könnten dem Dorf unruhige Wochen bevorstehen. Elizabeth Wathuti richtet sich indes mit einem offenen Brief an die Weltklimakonferenz, den bereits fast 100.000 Menschen unterschrieben haben.

Weiterführende Informationen
Stimmen zu Loss and Damage:
https://www.carbonbrief.org/cop27-why-is-addressing-loss-and-damage-crucial-for-climate-justice/
Spiegel Online:
https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/luetzerath-nrw-basiert-mona-neubaurs-entscheidung-auf-fragwuerdigen-gutachten-a-856d2398-e89d-4c54-ad1e-40bff8c31b27
„X-tausend für Lützerath“:
https://weact.campact.de/partnerships/x-tausend-fur-lutzerath

Lützerath Lebt: https://luetzerathlebt.info

Auf dem diesjährigen Bundesparteitag der Grünen wurde es beschlossen: Lützerath, das Dorf um das Aktivisti seit Jahren kämpfen, soll für die Energiesicherheit in Deutschland weichen. Zuvor wurde diese Entscheidung von den beiden grünen Politiker:innen Mona Neubauer (Ministerin in NRW für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie), Robert Habeck (Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz) und dem Kohlekonzern RWE verkündet. Der Deal, der geschlossen wurde, beinhaltet zwar den um acht Jahre vorgezogenen Kohleausstieg auf 2030, damit können, so Mona Neubauer, 280 Mio. Tonnen CO2 im Boden bleiben. Allerdings wird die Ortschaft Lützerath abgebaggert und die darunter liegende Kohle verfeuert.Bis 2030 könnte RWE jedoch jährlich noch über 30 Mio. Tonnen Braunkohle abbaggern, diese Mengen sind jedoch laut dem Düsseldorfer Wirtschafts- und Klimaministerium nicht mit dem 1,5 Grad Ziel vereinbar.
Wir, die Greenpeace Jugend, sind der Ansicht, dass eine Ausweitung des Tagebaus Garzweiler nicht notwendig und unverantwortlich ist. Zu diesem Schluss kamen Mitte dieses Jahres auch mehrere Forschungsinstitute in Folge einer Kurzstudie, welche von Wissenschaftler:innen der Europa-Universität Flensburg, der Technischen Universität Berlin und dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung durchgeführt wurde. „Eine Inanspruchnahme von Lützerath ist energiewirtschaftlich nicht notwendig und klimapolitisch nicht zu rechtfertigen.” Das ist das Fazit, zu dem die Autor:innen kamen.
In Anbetracht dessen, welche Auswirkungen ein Verfehlen des 1,5 Grad Ziels zur Folge hätte, nämlich eine Zunahme von Extremwetterlagen, bedrohten Klimakipppunkten und weltweitem Leid, fordern wir als Greenpeace Jugend den Erhalt des Dorfes Lützerath und langfristig den Ausbau von erneuerbaren Energien. Angesichts der stetig eskalierenden Klimakrise wäre es fatal, weiterhin Braunkohle zu fördern!

Maika, Samuel, Amelie

 

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