Die Aktionstage in Keyenberg enden, „Unser aller Wald“ kommt

Video

Fotos

Texte

Hier stehen wir – und könnten anders / „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ lädt zu Andachten an der Kante und in den Dörfern ein

Am letzten September-Wochenende wird es vielfältige Proteste gegen den lebensfeindlichen Tagebau Garzweiler geben, u.a. demonstrieren die  „Fridays for Future“ gemeinsam mit „Alle Dörfer bleiben“, auch das  Bündnis „Ende Gelände“ hat Aktionen zivilen Ungehorsams angekündigt – um  nur diese zu nennen.
Auch wir beteiligen uns an diesen Aktionstagen für weltweite  Klimagerechtigkeit mit einem umfangreichen Programm – in unseren eigenen  Formen des Widerstands. Damit wollen wir allen, die sich an den Demonstrationen oder Aktionen zivilen Ungehorsams aus den  unterschiedlichsten Gründen nicht beteiligen können, eine Möglichkeit bieten, aktiv und gemeinschaftlich Solidarität mit den Aktivist*innen zu
üben: Hier stehen wir – und könnten anders!Am Samstagabend beginnen wir mit einer katholischen Messe, in der christliche Positionen zu zivilem Ungehorsam thematisiert werden. Es schließt sich eine Liturgische Nachtwache an („Bleibet hier“ II), in der wir uns in Gebeten, Liedern und Texten solidarisch mit den denjenigen verbinden, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Blockade, im Kessel oder in Polizeigewahrsam befinden.
Jede und jeder bleibt, solange es passt, kann kommen und gehen – und wiederkommen. Denn am Sonntagmorgen gibt es – angeboten von „Alle Dörfer bleiben“ – ein offenes gemeinsames Frühstück, zu dem alle herzlich eingeladen sind. Den Abschluss bildet ein weiterer Gottesdienst um 11 Uhr.

Praktisches

Das Erreichen der Mahnwache wird an diesem Wochenende sicherlich erschwert werden. Rechtlich muß aber allen der Zugang – mit „zumutbarem“ Fußweg – gewährt werden. Probleme bitte unter 015201339091 melden.Wenn möglich Sitzgelegenheit mitbringen, für die Nachtwache Essen und Trinken sowie warme und regenfeste Kleidung. Und natürlich halten wir Abstand!
Aktuelle Infos oder Änderungen unter Die Kirche(n) im Dorf lassen.de oder @Kirche_an_Kante.

Unser Programm im Überblick:

Samstag, 26.9.
18 Uhr: Messe
anschließend: Liturgische Nachtwache

Sonntag, 27.9.
ab 9 Uhr: offenes gemeinsames Frühstück
11 Uhr: Abschluss-Gottesdienst

Hi, ich bin Alex und ich bin vom Bündnis „Alle Dörfer bleiben Rheinland“. Ich wohne in der Dackweiler Siedlung, das sind drei Häuser, die mitten im Feld liegen, auf dem drei Familien wohnen. Und das ist etwa drei Kilometer von Holzweiler entfernt und liegt schon nicht mehr in Heinsberg, sondern im Kreis Düren. Ich lebe dort seit 2017 wieder, weil die Leitendscheidung von 2014 beschlossen hat, dass mein Elternhaus nicht dem Bagger zum Opfer fällt. Und ich lebe hier meinen Traum vom Drei-Generationen Haus, der anderen ein paar Kilometer weiter verwehrt wird.

Welch eine Ungerechtigkeit!

Ich möchte mit euch 30-35 Jahre zurückgehen. Das war meine Kindheit, und die war davon geprägt, dass ich in Keyenberg zur Grundschule gegangen bin, und jeden Morgen bin ich in Holzweiler in den Bus gestiegen und nach Keyenberg zur Schule gefahren, aber nicht einfach die sieben Kilometer, sondern 45 Minuten, weil wir durch Immerath, Pesch, Lützerath, Borschemich und Spenrath gefahren sind. Das war etwa ne dreiviertel Stunde, und als Kind fand ich das furchtbar doof, morgens und mittags ne so lange Strecke zu fahren. Heute würde ich das gerne ändern. Heute würd ich gerne diese Orte nochmal wiedersehen. Aber bis auf Lützerath sind alle schon im Loch verschwunden.

Meine Eltern waren immer im Widerstand organisiert, und so hab ich schon als Kind oft an Demos und Mahnwachen teilgenommen. Und auch der Optimismus meines Vaters, „das ist eine Energieform, die wird sich niemals durchsetzen die Bagger kommen nicht zu uns“, hat mich nicht von meinem Zweifel abgehalten. Und ich hab mich oft allein und ohnmächtig gefühlt. Da gab´s noch keine Klimagerechtigkeitsbewegung. Und mein Bruder und ich, wir haben als Kinder überlegt, was machen wir, wenn der Bagger bei uns vor der Tür steht? Ketten wir uns irgendwo fest oder – wir hatten mal von Hungerstreik gehört – gehen in Hungerstreik? Schaffen wir das? Wieviel Tage halten wir denn durch, bis wir verhungern. Und dann haben wir uns überlegt, nee Hungerstreik bringt auch nichts, denn es interessiert ja keinen, wenn so zwei kleine Kinder sterben, denn in Afrika sterben ja auch täglich ganz viele Kinder an Hunger.

Jetzt gehe ich wieder 30 Jahre in die Zukunft, und ich stehe auf der L277, und da beginnt RWE gerade mit der Zerstörung. Neben dem Dom und der Mühle von Immerath ein weiteres Trauma. Und ich spüre sie wieder, diese Ohnmächtigkeit, und ich bin wieder klein und ein Kind, und ich kann nichts tun, und ich kann es einfach nicht aufhalten.

Doch dann passiert etwas Wunderbares. Solidarität. Menschen haben sich angekettet. Menschen haben sich auf Bagger gesetzt, und meine kleine Kinderseele freut sich, weil plötzlich Hoffnung da ist.
Und dann sind da die Menschen von „Kirche(n) in Dorf lassen“, und sie initiieren eine Mahnwache, und plötzlich sind da ganz viele Menschen aus ganz vielen anderen Bewegungen, die ich vorher noch nie in meinem Leben gesehen habe, und sie sind da, um mit mir zu kämpfen. Ich bin gerührt von dieser Unterstützung. Ich bin gerührt davon, wie Menschen vor Ort frieren, wie sie sich dort an der Mahnwache einleben und welche Gedanken sie sich machen, in welcher Welt sie leben wollen.

Ich habe großartige Menschen kennenlernen dürfen, und es hört nicht auf. Endlich ist er hier, dieser tolle kreative Prozess. Vielen Dank.

Jetzt, liebe Baumbewohner*innen, seid ihr hier, und wir von „Alle Dörfer bleiben“ begrüßen euch herzlich als neue Dorfbewohner*innen von Keyenberg. Herzlich willkommen. Wenn „System Change not Climate Change“ in die Tat umgesetzt werden soll, braucht es noch mehr Orte wie diesen, die selbstbestimmt, antifaschistisch, antirassistisch, antisexistisch organisiert sind – ach ja, und antikapitalistisch natürlich. Lasst uns alle zusammen kreativ, widerständig, feministisch für die Gerechtigkeit kämpfen. Vielen Dank.