Garzweiler: Erneut kilometerweite Umwege durch RWE-Baustelle / Lützerath von Norden fast nicht mehr erreichbar

RWE-Mitteilung: „Im Rahmen der Straßenbauarbeiten für den Neubau der L 354n muss der Anbindungspunkt an die L 277/ K 19 in Wanlo neu gestaltet werden. Es wird dort ein Kreisverkehr errichtet. Die Arbeiten hierzu konnten schon zu einem Großteil abseits der bisherigen Verkehrsflächen erledigt werden. Für die nun notwendige Anbindung an die vorhandenen Straßen ist jedoch eine Vollsperrung dieses Knotenpunktes in der Zeit vom 13.01.2022 bis einschließlich 10.03.2022 erforderlich. Eine entsprechende Umleitung wird eingerichtet. Die ankündigenden Schilder wurden bereits vor Ort aufgebaut.

Eine Aufrechterhaltung des Verkehrs mittels einer halbseitigen Sperrung wurde durch die Baufirma und die Ordnungsbehörden geprüft, konnte jedoch aufgrund von arbeitssicherheitlichen Aspekten (Platzverhältnisse) nicht umgesetzt werden. Der Vollsperrung wurde von den Ordnungsbehörden Mönchengladbach und Erkelenz zugestimmt und sie wurde vom Ordnungsamt Mönchengladbach entsprechend angeordnet.“

Das bedeutet für Autofahrer: Der direkte Weg von der A61 / Abfahrt Wanlo Richtung Lützerath via Keyenberg wird während zweier möglicherweise kritischer Monate nicht mehr möglich sein. Die vorgeschlagene Umleitung macht aus einem Weg von anderthalb Kilometern eine Strecke von über zehn Kilometern via Hochneukirch, Güdderath sowie Ortsdurchfahrt Wickrathberg und Wanlo – eine Katastrophe für die Anwohner:innen, aber auch Pendler:innen.

Alternativen: Fahrt von Norden auf der A61 eine Abfahrt früher ab, also Wickrathberg/Güdderath, haltet Euch links Richtung Wickrathberg/Wanlo (leider Ortsdurchfahrten) und biegt in Wanlo nach Kuckum ab. Von dort dann nach Keyenberg. Oder fahrt am Dreieck Wanlo auf die 46 Richtung Erkelenz/Heinsberg, nehmt die erste Abfahrt (Erkelenz-Ost) und fahrt dort links unter der Autobahn durch Richtung Tagebau. Dabei belästigt Ihr leider die Menschen in Kaulhausen, aber diese erneute unfreiwillige Last müssen die Dörfer nun auch noch tragen 🙁

Laut Telefonauskunft der Verkehrslenkung Ordnungsamt MG ist ein Passieren für Fußgänger und Radfahrer möglich. Wenn Ihr mit dem Zug nach Hochneukirch kommt und mit dem Rad nach Lützerath wollt, ändert sich Euer Weg also nicht.

 

Skizze der Baustelle und der „offiziellen“ Umleitung“:

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Eckhardt Heukamp geht im juristischen Kampf um seinen Hof in Lützerath in die zweite Instanz

Pressemitteilung „Alle Dörfer bleiben“. Lützerath. Der Rechtsstreit zwischen dem letzten Landwirt des bedrohten Dorfes Lützerath und dem Kohlekonzern RWE geht in die nächste Instanz. Landwirt Eckardt Heukamp wehrt sich gegen seine Enteignung durch RWE und das Land Nordrhein-Westfalen, die im Namen des Gemeinwohls geschehen soll. Kritiker*innen halten die Enteignung im Angesicht der Klimakrise nicht für rechtens, da der Abbau von Braunkohle nicht dem Gemeinwohl entspreche.

Mit der Besitzeinweisung würde Heukamps Grundstück ab dem 1.11.2021 in den Besitz von RWE übergehen, ohne dass abschließend geklärt ist, ob der Landwirt wirklich enteignet werden darf. RWE hat angekündigt, im Anschluss an die Besitzeinweisung Heukamps Hof abreißen zu wollen und das Land abzubaggern.

“Ich bewirtschafte diesen Hof in der vierten Generation. Es darf doch nicht sein, dass RWE mein Zuhause abreißen darf, noch bevor die Gerichte in letzter Instanz geklärt haben, ob man heutzutage überhaupt noch Menschen für den Abbau klimaschädlicher Braunkohle enteignen darf”, so Eckardt Heukamp.

Wissenschaftler*innen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung haben berechnet, dass der Tagebau Garzweiler nicht mehr ausgeweitet werden darf, wenn Deutschland seinen Beitrag zur Einhaltung der 1,5 Grad-Grenze der Klimaerhitzung einhalten will.

Das Verwaltungsgericht Aachen hat in der ersten Instanz im Rahmen einer Eilentscheidung entschieden, dass der Übergang von Heukamps Hof in den Besitz von RWE rechtens ist, die Entscheidung in der Hauptsache also nicht abgewartet werden muss. Heukamp legt nun mit seiner Anwältin Dr. Roda Verheyen Beschwerde gegen das Urteil beim Oberverwaltungsgericht Münster ein.

Rechtsanwältin Verheyen kommentiert dazu: “Der Tagebau Garzweiler II wird nicht mehr wie von RWE vorgesehen ausgekohlt, das ist für jede:n offensichtlich, der die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom März 2021 gelesen hat. Nun bestätigt das auch das Zwischenergebnis der Sondierungsgespräche: der Kohleausstieg in Deutschland soll möglichst schon 2030, statt wie bisher verankert 2038 erfolgen. Es sollte also klar sein, dass die nach den alten Regeln und letztlich auf verfassungswidriger Grundlage geplante Inanspruchnahme von Lützerath und damit des Hofs meines Mandanten nicht im öffentlichen Interesse ist. Im öffentlichen Interesse ist aber wirksamer Klimaschutz, er ist sogar nötig zum Schutz von Freiheitsrechten, so die Richter in Karlsruhe.”

Dr. Roda Verheyen war im Frühjahr bereits an der erfolgreichen Verfassungsbeschwerde zum Klimaschutzgesetz beteiligt, in deren Folge die Bundesregierung ihre Klimaschutzziele anheben musste. Rund um Lützerath gibt es seit über einem Jahr zahlreiche Proteste: Derzeit kommen jeden Sonntag hunderte Menschen zu Dorfspaziergängen in den bedrohten Ort, auch diesen Sonntag wird um 12 Uhr dazu eingeladen. Für den 31.10. rufen Fridays for Future, Alle Dörfer Bleiben sowie viele andere Gruppen zu einer großen Demonstration zum Schutz des Dorfes und der 1,5 Grad-Grenze auf.